Antoni Malczewski Maria Ukrainische Erzählung in zwei Gesängen tłum. Ernst Schroll ISBN 978-83-288-2473-7 Maria Seiner Excellenz dem Herrn Julian Niemcewicz Eine Freude, wie ich sie lange nicht empfunden habe, belebt mein Herz in dem Augenblick, wo es mir erlaubt ist, Ihnen, mein Herr, durch Zueignung dieser Erzählung öffentlich meine Bewunderung auszudrücken für Ihren Charakter sowohl, wie für jene seltene, mit der Rastlosigkeit des Forschers den Zauber der Phantasie und die Fülle der Anmut verknüpfende Gelehrsamkeit, deren vereintes Gepräge den immer neuen und so schätzbaren Werken eigen ist, womit Sie die polnische Literatur unaufhörlich bereichern. Wenn es meinem Herzen wohltut, daß Sie mir gestatten, meine Blätter mit Ihrem Namen zu zieren, so ist dies gewiß kein Wunder, da nicht bloß *mein* Gemüt mit innerer Befriedigung sich in den Verlauf Ihres reinen und wohltätigen Lebens versenkt, sondern jeder Stammgenosse so gerne an den reifen Früchten Ihrer Geistesarbeit seine Seele labt, ja — ich sage noch mehr, und Niemand wird mich wohl der Übertreibung beschuldigen — da Ihr Name jedem jungen Polen eine Reliquie ist, die er am Herzen trägt; denn noch von unsern Vätern her wird uns Ihr Ruhm verkündigt, und in zauberhafter Weise mahnen Sie uns fortwährend an die Pflicht der Dankbarkeit. Sie werden freilich in meinen Versen vergebens die Schönheit suchen, welche Sie den Ihrigen zu verleihen wissen; bang und einförmig, wie unser Land und wie mein Gemüt, werden sie Ihnen nur mit dunkler Farbe unvollendete Bilder entwerfen: allein wenn diese Ihrem Verdienste dargebrachte Huldigung in Ihnen nur irgendwelches angenehme Gefühl erregt, so werde ich schon für mein düsteres Gemälde reichlich belohnt sein, sollte Ihnen dadurch auch nur für einen Augenblick ins Gedächtnis gerufen werden, wie hoch Ihre Landsleute Ihre Eigenschaften und Ihre Leistungen zu schätzen wissen. Euer Excellenz untertänigster Diener Malczewski Erster Gesang Es webt sich alles seltsam bunt Auf diesem armen Erdenrund; Und wer mit Menschenwitz es alles zu durchdringen dächte, Der stirbt dahin und nimmer lernt er treffen doch das Rechte. Jan Kochanowski 1. He, du Kosak, wo jagst du hin auf deines Rosses Schwingen? Sahst etwa einen Hasen du auf jener Steppe springen? Willst schlürfen im Gedankenspiel der Freiheit süß Behagen Und mit ukrain'scher Windesbraut den kühnen Wettlauf wagen? Fliegst du vielleicht zum Liebchen dein, das auf den Fluten harrt, Und summst vor Ungeduld ein Klagelied dir in den Bart? Denn auch die Mütze zogst du tief und lässt die Zügel schießen, Staubwolken ziehn des Weges nach — lang hingestreckte Riesen; Dein braunes Antlitz strahlt, als wärs entbrannt von feur'gem Flimmer, Und, wie im Moor ein Irrlicht, blitzt auf ihm der Freude Schimmer, Wenn dein gehorsam Pferd, gleich dir der Wildnis rauhes Kind, Durchschneidet mit gestrecktem Hals den lauten Wirbelwind. Weich aus, du Czernomorer, mit dem knarr'nden Wagen, hei! Denn diese Steppensöhne schmettern dir dein Salz entzwei. Du schwarzer Vogel auch, der du dem Wand'rers grüßend nickst Und kreisend ihn umschwebst und fragend ihm ins Auge blickst, Ei, sput' dich und enthülle dem Kosaken dein Geheimnis: — Eh du den Kreis vollendet hast, sind fort sie ohne Säumnis! 2. Sie jagen — in der Sonne Strahlen, die sich niederwendet, Erscheinen sie wohl Boten gleich, von Himmlischen gesendet — Und lang und weit vernimmt das Ohr der Hufe lautes Dröhnen; Denn tiefes Schweigen deckt die Felder, die sich ringsum dehnen. Nicht frohen Adels, noch der Ritter Stimmen tönen hie — Der Wind nur, Ähren beugend, rauscht die Trauermelodie; Aus Hügeln seufzt es, unter Rasen klingts wie Grabgestöhne, Auf welken Kränzen schlafen da des alten Ruhmes Söhne. Musik so wild — der Text dazu, er ist noch wildrer Art, Den alter Polengeist den späten Enkeln aufbewahrt. Doch ist ein Sträuchlein Ackerrosen alles, was sie ehrt, Ach! wessen Herz, ja wessen fühlt von Gram sich nicht verzehrt? 3. Vorbei ist der Kosak an Schlünden schon und tiefen Spalten, Wo Wölfe und Tataren gern sich im Verstecke halten. Zu einem Kreuz flog er heran, des Hügel allbekannt, Denn drunter liegt seit lange ein Vampir verscharrt im Sand. Er zog davor die Mütze, kreuzt' sich dreimal ängstlich bang Und saust mit eil'ger Botschaft sturmesgleich die Stepp entlang. Das flinke Roß zumal läßt sich durch keinen Zauber bannen, Es schnaubt nur, stampft vor Ungeduld und eilt sofort von dannen. Der dunkle Boh zieht Silberstreifen auf Granit dahin — Der treue, mutige Kosak errät des Herren Sinn; Die Mühle schäumt am Bach, in Weiden saust der böse Feind — Das muntre, treue Rößlein merkt, wie der Kosak es meint, Und über Wiesen blumenreich, durch Dornen scharf und dicht. Da schlüpfen leichter wohl die flüchtigen Saїga's nicht; Und wie ein Pfeil, gestreckt auf hohem Sattelsitze liegt Der lauernde Kosak, der sich ans Pferd behende schmiegt. Der Wüstenkönig sprengt die unwegsame Wüst entlang Und Steppe, Pferd, Kosak und Nacht sind nur *ein* wilder Klang. O, wer will ihm verwehren auch zu schwärmen hier allein? Fort ist er — Niemand holt auf heimatlicher Stepp ihn ein! 4. Auf, spute dich, Kosak, befohlen ist die Eile dir! Im alten, hohen Schloß nicht klein ist die Veränd'rung schier. Der Herr Wojwod, den stets der Meinung Zwiespalt schied vom Sohne, Pflog lange Rede jetzt mit ihm in huldvoll gnäd'gem Tone. Noch kürzlich hatte neuer Hader sie entzweit, gekränkt, Und jeden Plan zerstört und jede Lust mit Gift getränkt, Selbst Tränen herb, die glüh'nder Stolz und der Verzweiflung Schmerzen Dem Sohn erpreßt, sie fanden keinen Weg zum Vaterherzen. Nun ist's schon anders in dem Schloß: Unmut, Betrübnis schwanden; Es glänzet Fürstenprunk, der Ahnen Pracht ist neu erstanden, Und in der Höflinge und Diener Schwarm, den überreichen, Und in der Pagen Kreis, der Ritter von des Hauses Zeichen, Ins große Prunkgemach, das lange war dem Aug entrückt, Kommt eben jetzt der Herr Wojwod herunter reich geschmückt; Und als wetteifernd Jeder laut dies seltne Glück erhob, Schien er doch mehr vom Sohn entzückt, als durch das eitle Lob! In seinen ruh'gen Zügen fand man schwer die Spuren heft'gen Tief inneren Gefühls: die Glieder sah man nur, die kräft'gen, Der Rede äußern Pomp, des hohen Namens reichen Schimmer; Was er im Innern barg, blieb allen nachtbedeckt für immer. Doch jetzt, ob notgedrängt, ob plötzlich tief bewegt im Herzen, Bracht er mit Zärtlichkeiten Balsam lang gehegten Schmerzen; Und als er in der Stille mit dem Sohn Beratung hielt, Da sah man, wie ein Lächeln um das ernste Antlitz spielt: Im Auge blitzte wilder Freude flüchtige Verklärung, Wie wenn den langgenährten Wünschen endlich wird Erhörung; Wie wenn von Geistesdrucke, von ermüdend schwerem Laufen Sich jemand eine Weil erholt, sei's — auf Ameisenhaufen: Erholet? — ach! er legt vielleicht die glüh'nde Stirn nur nieder, Wo tausend Dornenspitzen harren seiner müden Glieder. 5. In späte Nacht währt' der Tumult im Schloß, der Schritte Dröhnen; In späte Nacht hört' man Trompeten schmettern, Vivats tönen — Der prächtigen Gelage alter Brauch kehrt wieder ein: Die langen Tische funkelten von Gold und Silberschein — Und weit geöffnet schien des Herrschers Keller wie sein Herze, Und alter Ungarwein entlockte geistreich-witz'ge Scherze. Zum frohen Lärm stimmt die Musik die grellen Harmonien, Zuweilen übertönt sie ihn mit ihren Melodien. In später Nacht — der Ahnen Bilder mit den strengen Mienen, Die an der Wand vereint in langer Reihe hingen, schienen Manchmal, aus toten Augen Funken sprühend, sich zu regen, Die Zecher anzulachen und den Schnurrbart zu bewegen. 6. Lust auf den Lippen wohnt, im Aug die Absicht zu erraten: Im tiefen, tiefen Herzen nagt der Wurm von bösen Taten. Wenn irgend eine Freude Menschen eint zum frohen Feste, Da lachen Stolz und Schmeichelei auch mit, die falschen Gäste. So wars wohl auch im alten Schloß. Es hatt bereits die Nacht Ihr Schattenreich in die geschnitzten Tore eingebracht; Die Pfeifer waren schon verstummt, das Glück lag schlafumfangen, Vom Turm das Käuzchen auch begann den Grabesruf, den bangen: Nur wo in einem Seitenflügel dort des weiten Baus Der kräft'ge Wojewod, entflohn dem lärmend frohen Schmaus', Die scharfen Adleraugen unter falt'ge Lider zwingt, — Wie man im Schreine birgt den Stein, mit dem der Hochmut blinkt — Hört man noch Schritte dröhnen oder schwere Seufzer schallen, Die, wenn die Tritte schweigen, von der Wölbung wiederhallen. Kein Unberufner wagts zu überschreiten jene Schwelle! Wo einsam brennt sein sonst versteckter Sinn in Flammenhelle, Mag er verzweifelnd ringen oft mit furchtbarem Ermatten — Mit ungestümem Schritt durchwandert er die nächt'gen Schatten, Als wollt im schwarzen Nebel haschen er die blut'ge Hand Verratner Freundschaft, oder löschen seiner Qualen Brand. Und da der Schlaf bestürzt aus glüh'nden Augen war entflohen, So ward es ihm beklommen bang in dem Gemach, dem hohen; Das schmale Fenster öffnet' er, und seine Augen starrten, Hin auf die Reis'gen, reich an Zahl, die wehenden Standarten, Die jetzt zum Strauße einberufen hier versammelt waren; Er lauschte dann dem Kriegslärm und den weckenden Fanfaren. Die flinken Pferde schnauben, Waffen klirren rege drein; Vor Kampfeslust erbrausts in der Husaren dichten Reih'n. Für *sie* entsteigt dem Rosenbett am Horizont die Sonne Und bringt mit ihrer goldnen Haare Glanz wohl eitel Wonne, Hebt ihre lichte Stirn und schauet mit dem ersten Strahl Des Auges staunend ihrer Reize Bild im blanken Stahl; Für *sie* nur haucht der duft'ge Zephyr seines Atems Frische Ins Haar der jungen Mädchen, in der Ritter Federbüsche; Für *sie* die Vöglein zwitschern muntern, wundersüßen Sang, Der tiefempfunden taubenetzten Schnäbeln sich entrang — *Ihm* galt es nicht! er mochte nicht verweilen bei der Schau: — Die finstere Gestalt entschwand in Schlosses Dämmergrau, Gleich jenen Schreckgespenstern, die, wie's unsrer Furcht wohl däucht, In schlafberaubter Nacht erstehn und die der Morgen scheucht. 7. Man gab das Zeichen: die Trompeten schmettern, Hufe schellen; Der treue Reitersmann, er schließt dem tapfern Kriegsgesellen Sich wie sein Schatten an; so stürzen, rasselnd im Gedränge, — Sie mit behender Schwenkung durch des goth'schen Tores Enge. Im langen Echo dröhnt es zitternd an der Wölbung Bogen, Bis auf dem weichem Grund mit leichtem Tritt die Hufe flogen; Und leiser, leiser rauschts und schwächer schon, wie fernes Summen, Ein dumpfer Schall erreicht das Ohr und flieht, um zu verstummen: Jetzt erst, auf freiem Feld, als ihren Lichtkreis schon die Sonne Weithin entströmen ließ, da schwärmen sie in heitrer Wonne Und baden sich wie Adler in des Lichts lebend'gen Bächen, Eh mit den bunten Fahnen sie sich Bahn zum Ruhme brechen; In Glanz und Farben kleiden sich viel tausend Federn, Steine, Und in den Waffen glitzern hell viel tausend Irisscheine; Es sitzt der Sieg in ihrer dunklen Augen wildem Sprühen Und Mannesmut und Treu in ihren Felsenherzen blühen. Ein hoher Jüngling reitet an der Spitze dieser Schaaren. — Wer ist er denn? — und glüht, beschattet von den blonden Haaren, Die Wang dem Ruhm, dem Glück entgegen? — Ach, unendlich milder, Als die Natur in Morgenfrühe malt die ros'gen Bilder, Und süßer, heller als der Schimmer, der den Ruhm verklärt, Ist dieser Glanz, der sich auf seines Herzens Herde nährt, Das Lächeln, das wohl Teil hat an dem seligen Berauschen, Womit die Auserwählten Cherubimgesängen lauschen! Er ritt auf flücht'gem Roß und an der Schluchten Saum führt' er Der schweigenden Gefährten Troß in Reih und Glied daher; Verschwindend in verwachsnem Grund umkreisten sie das Tal Und glänzend lugten aus Gebüsch die Köpfe noch einmal; Am Hügel sah man dann den Jüngling noch befehlend winken, Und weiter fort den Weg gings dem Kosaken nach, dem flinken, Des leichte Spuren unbestahlter Hufe niemand fand, Denn Kindern gleich begruben Luft und Tau sie längst mit Sand. 8. Und stille, öde ist die Flur, die Ritter schon verschwunden; Das Herz bangt ihnen nach, als hätt es den Verlust empfunden. Der Blick schweift hin im weiten Raum; doch wo er nur mag weilen, Er trifft nichts Lebendes, kann keinen Ruhepunkt ereilen, Die Sonne leuchtet schräge auf die ausgedehnte Flur, Belebt fast von der Krähe Flug und ihrem Schatten nur: Zuweilen zirpt im nah'n Gestrüppe eine Ackergrille; Nur in den Lüften herrscht ein Zwiespalt — scheint's — sonst dumpfe Stille. — Wie, ist kein Ahnenmonument im Lande weit und breit, Das, sanft umstossen vom Gedanken der Vergangenheit, Ihm eine Ruhestätt für bangen Fühlens Bürde werde? — Ach nein, er senke denn den Flug und tauche in die Erde! Dort wird er alte Waffen finden, die der Rost zerstört, Gebeine auch — man weiß nicht, wem sie einstens angehört — Und in der fruchtbar'n Asche dort die Saat, die volle, reiche, Wenn nicht — Gewürm, das hauset in noch frischer, blut'ger Leiche! Doch haltlos irrt er auf der Flur — an Nichts kann er sich ranken — Gleich der Verzweiflung ohne Zuflucht, ohne Ziel und Schranken. 9. Tief sinnend saß der Kronschwertträger unter alten Linden Und schwer mocht er auf welkem Haupt der Leiden Wucht empfinden. Wie traurig ihm bei grauem Haar der — schwarze Żupan stand — Einst trug er helle Farben auch im Dienst fürs Vaterland, Fürs Vaterland, des Nam' im Kriege, wie bei Ratesfragen. Im Streit bei Reichstagswahlen, wie bei rauschenden Gelagen Mit reinem Feuer stammte, dem das Hetze, wie zur Sonne Im Lenz der Vogel fliegt, entgegenhüpfte voller Wonne — Jetzt sind die Glanzgefühle schon erblichen, ach, entrückt! Das Leben schmerzt nur mehr und seine Blume ist geknickt. — Er sann, und das vergang'ne Leid, den Gram der Gegenwart Bedeckt der dichte Flor der Schmach, die drohend seiner harrt. — Doch, o so lang er atmet nur, wird er so leicht nicht lassen Des trotz'gen Hochmuts Flammen seinen reinen Herd erfassen! So lang im schwarzen Żupan noch lebend'ge Glieder sitzen, Wird auch bei Not in dürrer Hand der alte Säbel blitzen! Und dann? — Der Kronschwertträger weilt in sinnender Betrachtung; Sein stolzer Blick birgt Mißmut, Zorn und auch vielleicht Verachtung. 10. Und bei ihm sitzt ein junges Weib; warum im Lenz schon bricht Denn gar so trüb durch Nebel ihrer Schönheit helles Licht? Nicht Blumen schmücken sie, noch ein Gewand mit Prunkgeschmeide, Das schwarze Aug ist tief gesenkt, sie selbst im Trauerkleide; Im Antlitz dunkelt Gram, die Stirn neigt sich in leiser Bebung Und deren Widerschein ist nur — das Lächeln der Ergebung. Wenn irgend plötzlich, wo sonst dichte Schatten sie umfangen Sei's ein Gedanke, sei's Erinn'rung rötet ihre Wangen, Ist doch so bleich dies Licht, wie wenn von einem Säulenbild Der volle Mond die Züg mit ungewohntem Leben füllt. Gestalt an Schönheit wie an Adel reich! Ihr Flug, er ging Zum Kreis der Engel, deren reiner Zauber sie umfing. Doch herbstlich angeweht vom zehr'nden Hauch der ird'schen Lust, Verwelkte des Gefühles Knospe früh in ihrer Brust. So geht sie ihren Weg gepeitscht von scharfen Sturmesbesen, Gebannt in schwere Erdenfessel, doch ein Himmelswesen. Ihr Herz ist ausgebrannt und doch glänzt sie wie Morgenglühen: — So gleicht sie jenen Früchten, die am toten Meer erblühen, Die durch Gefahr und Müh, doch reizend schön dem Wandrer winken — Er findet Asche drin, und wollte Nektar daraus trinken. Ein jeder Zug von ihr — so scheint es — hauchet düstre Milde Und Tränen siehst du nicht, noch Harm in dem umwölkten Bilde. O nein! vergang'nen Grames Kampf ist da nicht mehr zu sehn, Doch leicht das stille Grab entschwund'ner Hoffnung zu erspähn; Des Glückes Ampel, die in ihren Augen einst gefunkelt, Hat im Erlöschen düsternd ganz ihr Angesicht verdunkelt. 11. So saß das junge Weib im Buch des Lebens ganz verloren, Ihr Geist schwang gläubig sich empor zu hellen Himmelstoren, Geschreckter Taube gleich, die zitternd mit dem Flügelpaar Fern von der Erde sucht ihr Nest im Ätherklar. Und weil dort oben über Erdenpracht und Außenscheine Der Demut weiße Schwingen glänzen in weit hell'rer Reine, Die Saite bebt, die an den Himmel hält das Herz gebunden: So fiel es auch wie Tropfen süßen Taus in ihre Wunden. Und als mit jener Rührung sie das Aug nach oben kehrt Wo alles Fühlens Kraft in einer Miene sich verklärt, Wo Zukunft zur Vergangenheit auf hellem Strahl sich schwingt Und wie mit Schwesterherzen sie in einem Blick umschlingt: Da erst erkannte sie, wie wohl es tut dem edlen Herzen, Das ob verlor'nen Glücks im Irrsal wandelt seiner Schmerzen Und längst gestorben ist für Erdenfurcht und Erdenlust, Wenn Sehnsucht hin zu seinem ew'gen Ursprung schwellt die Brust! Wie süß es ist, dem Wirrwarr dieser Welt sich zu entwinden Und dann auf immer in des Todes Armen zu verschwinden! Und wer alsdann gescheit hätt ihr Antlitz strahlenreich Und auch den seelenreinen Kronschwertträger kummerbleich — Die sparrig äst'gen Linden und die Trachten so uralt, Den Schnitt so reizend schön, wie gern die Phantasie ihn malt; Und wer da noch gesehen hätt wie Glanz und Düfte ringen Um ihre Schläfe, ach! behend den Märtyrkranz zu schlingen: Der hätte sich vielleicht versetzt ins grau'ste Altertum, In Gegenden voll Glanz, in ferne Länder voll von Ruhm, Der säß wohl an des Jordans Ufern unter Palmenhainen, Mit dem Geschlechte Israels zu sinnen und zu weinen, Und hätt im heil'gen Schauer mitempfund'nen Wehs erkannt Dieselbe ewige und unbegreiflich hohe Hand, Die Hand, die Huld und Strafe, wie den Gram, den immergleichen, Herniederschickt und wendet *dem*, der trägt des Kain Zeichen, Dem *Menschen*, der im Glücke selbst zum Glück noch Etwas braucht Und dem's erst wohl — wenn er den letzten Seufzer aufwärts haucht. 12. «Zu lange, Vater! hat in lieblicher Gedanken Kreisen Mein Geist sich heut verirrt; doch von des Grames dunklen Gleisen Seh ich noch immer, immer deine trübe Stirn durchzogen, Und wenn dir — kaum die Freude winkt, sofort ist sie entflogen, Dem Strahl aus Wolken gleich, der niederglänzt auf Bergeshöhen, Und den die Wolke wieder birgt, wenn Stürme jagend wehen. Warum, ach! will nicht ruhen mehr dein Haupt mit weißen Locken Hier auf dem Schoß? O fürchte nichts! Des Kummers Bett ist trocken; Nicht mehr wie sonst erwachst du jetzt von Tochtertränen naß, Wenn ich, den Schlafenden im Arm, zu Dir gebeuget saß. O grauses Spiel des Unglücks! Ein so ganz vergilbtes Reis Gab seinem alten Eichenstamm mit krankem Safte Speis, Und das Gefühl hat, unter langem Drucke eingeschlossen, Durchbrechend der Erwägung Damm in Strömen sich ergossen. Wie schmerzlich ist es, ach! zurück zu schau'n, und doch zurück Nicht können, wo Verzweiflung lauernd sitzt mit hohlem Blick! Wie grausam, ach! dem Zwang gehorchend, mit denselben Händen Die gern Arznei darreichen wollten, tötlich Gift zu spenden! O Vater! du mein teurer Vater! soll die Tochter dein Dir nie, nicht einen Augenblick mehr Trost und Labsal sein? Ihr Los war bitter; doch das alles ist schon längst verflossen. — O, sieh, welch süßes Licht hat jetzt sich über mich ergossen! Viel heit'rer eilt, als sonst, das Lächeln über meine Wangen Und deins zu wecken, wie dereinst im Glück, ist sein Verlangen. Wie oft entsinn ich mich doch jener schönen Jugendzeit, Der flücht'gen, und des Väterchens, wie es voll Düsterkeit Zuweilen nach der schweren Arbeit auszuruhen pflegte Und wie dann flugs im kleinen Mädchen sich die Freude regte, Die nun auch ihm ins Herze drang so unvermerkt, allmählich, Bis endlich er, von ihr verklärt, anhob zu lächeln selig. O sag mir doch, wo diese Macht des kleinen Mädchens blieb? Sie führt die Wolken jetzt herbei, die früher sie vertrieb! Wohin entfloß der muntre, reine Bach voll Flüchtigkeit? Im See verlor er sich wohl zürnend seiner Nichtigkeit. Und wo flog unser Vöglein hin? Es wollte sein Gefieder In Feuersglut vergolden wohl, und nimmer kehrt es wieder. So lange *Der*, der ewig meinem Herzen eigen war, Noch eh ich ihn den Meinen nannte vor dem Traualtar; So lange *Der*, mit welchem im Gefühl mich zu verweben, Zu schwärmen im Gedankenflug, in Seufzern zu entschweben, In dessen Blick zu fühlen mich als Licht und Lebensgrund, Weit mehr als Glück mir galt, da mir der Himmel offen stund; Der, welcher meines rührend schönen Traumes Knosp erschloß Mit seiner Anmut und den Schlaf verscheucht' aus ihrem Schoß, Von ihrem frischen Taue trank und auf der Blätter Kleid Des Dankes Träne legt, die unberührt bleibt von der Zeit; So lange *er*, der mein Geliebter, meiner Seele Welt, Des Bundes Kette, die uns knüpft, verächtlich nicht zerschellt, Der Tugend, der Erinnerung, der Lieb die Treue hält, Treu auf den Trümmern noch, wenn der Pallast des Glücks zerfällt: — So lang wird auch für mich des Lebens Pforte sich nicht schließen, So lang wird sein Gedanke noch zu mir herüberfließen — Ob er selbst fern — geheim in meines Herzens starre Falten Und es wie Wunderbalsam dem Verderben vorenthalten. Auch dieses grause Opfer, auch der Trennung herbe Leiden Ich werd sie tragen mit Geduld, bis unsre Schatten scheiden In lieblich reine Lande dort, wo ewig sie verbunden Zwar Menschen nicht erschaun, doch an des Himmels Gnad gefunden.» Sie sprachs, und wie im See die helle Flut nach oben dringt, Wenn plötzlich aufgewühlter trüber Satz zu Boden sinkt: Entstiegen ihrem Herzen die Gefühle tränenreich Und warfen grünlich dunkle Schatten auf ihr Wangenbleich. — «Beim bärt'gen Türken lieber ich die Ketten schleppen wollte, Als daß so jammervoll die Tochter hin mir welken sollte! Im finstern Turm harrt lieber ich gewisser Todesstunde, Als daß ich müßig zusäh diesem trauervollen Bunde! Wie? oder fehlts in unserm Polenland an Rittern ganz Die vor den Jungfraun leuchteten in frischem Jugendglanz Und die im Leben einmal, wies sonst Sitte war zu minnen, Ihr Knie nur beugten, um den Kranz als Mitgift zu gewinnen? Mußt seufzen nicht, Marie! da ich den Mann dir nicht verletze, Der tapfer ist und tugendhaft, du weißt wie ich ihn schätze. Doch seines Vaters Hochmut treibt mit meiner Langmut Scherz; — Und will er an Mariens Tränen laben nur sein Herz — Ha! dann birgt auch mein Schwert nicht fruchtlos mehr den Glanz im Dunkeln Und mit dem Heil'genbilde solls ihm vor den Augen funkeln! Denn das ist ja ein Vorrecht alt, das unser Adel übt, Dem Pallasch Funken zu entlocken, wenn sich Freundschaft trübt. Freundschaft? — Feind aus dem Reichstag sind sich unsere Partei'n Und selbst im Waffenstillstand schrein wir unser Veto drein! Und wenn mich damals mit dem Hetman der Vertrag nicht band, Dem Schweden auf das Fell zu gehn beim Angriff auf das Land; Wenn deine Mutter nicht — o Herr, schenk ihr des Himmels Gut! In ihre Schleier barg der jungen Herzen Liebesglut, Nach Frauenart gelockt von Heimlichkeit und Flittertand Samt dem Matronenschwarm geschlossen hätte dieses Band: Nie konnts dem Feind in meinen Marken sich zu bergen glücken, Auch hätt ich nie, ja nie gewähren lassen seine Tücken. Denn sag, wie traf ichs an? Vom Tod gemäht war meine Frau, Die Tochter — meinen einz'gen Sproß — netzt mir der Tränen Tau. Dem alten Degen scheinen diese Wunder viel zu groß, Solch schwere Schläge zu ertragen, ein so schimpflich Los. Hat er denn nur ein einzig Mal mein Kind ans Herz gedrückt? Hat Jugend, Anmut einmal wohl mit Rührung ihn entzückt? — Verächtlich, nein jagt' *er* dich fort von Haus und Ehgemach; Vom Namen selbst, und sucht in Rom des Bundes Lösung nach. O immer besser wirds, auch mich entbindets aller Pflicht, Die muntre Jugend stürmt hinaus zu folgen säum ich nicht. Ob schwächer auch an Zahl — wir rufen Gott an um Gelingen, Und hat der Streit ein Ende, werden hell die Glocken klingen.» — Die matte Stirne trocknend drückt die Mütze tiefer er. Es sinkt die Hand, es sinkt das Haupt, von Nachtgedanken schwer. 13. Am Torweg scharrt das Roß, im Dorf die Hunde schlagen an — Woher kommt der Kosak gesprengt auf staubumhüllter Bahn? Er sitzet ab, und auf den Zaun wirft er die Zügel leicht, Eintretend in den großen Hof er noch den Schnurrbart streicht. Auf braunem Antlitz las man noch die Spuren rauher Stunden; Ganz schlicht war die Verbeugung und der Gruß kurz angebunden. Jedoch verschieden scheint er von der andren Diener Troß — Ein Untertan, erbt er doch Freiheit aus des Vaters Schoß. Und als er stolzen Blicks begehrt, daß man zum Herrn ihn führe, So scheint’s, als ob der ganze Schwarm zum Herrscher ihn erküre. Geschmeidig wendet er sich um und leichter ist sein Schritt, Von Steppenluft durchweht bringt er gelenke Glieder mit; Und wie er sich bewegt, die Schaffellmütze winkt und nickt Wie eine Fahne, die in roten Flammen ist gestickt. Durch Unkraut ging's, durch Dickicht zu des Schanzengrabens Linden, Die Schirm und Schreck zugleich dem atmen, hör'gen Bauer künden, Bis er beim Kronschwertträger angelangt ist mit dem Troß Und nach dem Reiter bang wie nach der Mutter wieh'rt das Roß. «Hast du ein Schreiben?» — «Ja. Ich hätt es gestern noch gebracht Vorm Hahnschrei, Herr! denn sausend pfiff ich durch die Nacht: Allein da trieb der Teufel auf der Steppe seinen Spuk — Gott schirme Euch und Ihre Gnaden vor des Bösen Trug.» «Daß du dich mit dem Brief verspätet, schlimmer ist's zu nennen! Sprich, weß Kosaken Teufel oder Menschen schrecken können?» — «Ist Euch denn nicht der Ruhm der schönen Mützen da bekannt Von angestammter Treu? — Graf Waclaw hat mich hergesandt.» Der Alte liest; doch aus Mariens Blick strömt, neu erwacht, Nicht leere Neugier, nein! — das Leben in der höchsten Macht; Ihr Busen hebt sich wallend wie die leichten Meereswellen, Die sie zum Glücke tragen oder auch im Sturm zerschellen; Des Herzens Riegel weicht, in Flammen steht ihr Angesicht, Doch spielt im schönen Glanz ein unnatürlich, krankhaft Licht. «He, sorgt für den Kosaken und das Pferd, rasch auf! Ich schreib sofort die Antwort auf den Brief; du wartest drauf.» Der Worte lautem Donner horcht er nur mit taubem Ohre, Mit Rührung blickt er in der schönen Augen schwarze Tore, Beugt tief sich dann vor Beiden und — was immer mag geschehn, Abtretend mit dem Trosse schwätzt er heiter noch im Gehn. 14. «Lös Jemand mir das Rätsel doch! Ist's nicht Verrätertück So kündet dies Marien in ihrem Elend großes Glück. Da schreibt mir der Wojwod in zuckersüßem Redeprunk: Vergessen sei fortan gemeinsame Beleidigung; Die Sünden reuten ihn. Zuneigung zärtlich spricht er aus Für seine Schwiegertochter, ladet sie sogar ins Haus. Noch mehr! Solch einer Heirat sei, wie seine Worte klingen, Der Sohn nicht wert, denn durch Verdienst müß man das Glück erringen! Er wünsche deshalb, daß sein Sohn zuvor in Kriegsbeschwerde Durch irgend eine Heldentat ganz deiner würdig werde; Und da in dieser Gegend eben die Tataren wüten, Soll er zum Kampf sich stellen, deiner Reize Glanz zu hüten, Damit den Lorbeer auf der Mütze, er den Ruhm gewönne Vor aller Welt, daß, wenn er liebt, er auch erretten könne! Heut soll er mit dem Heere hier vorüberziehen» — «Heute? Ich werd ihn sehn? O Gott, wie pocht das Herz! o welche Freude! Allein wozu die Schlachten? Kann man nicht im Flug gewahren, Daß Edelsinn und Kühnheit sich in seinen Zügen paaren?» — «Sind Menschen doch, wie der Wojwode, eine Seltenheit: Er selbst bekennt die Schuld! Und dennoch trag ich um dich Leid!» — «O Vater! ich bin blaß, der Schreck vor mir wird ihn durchwühlen, Er wird vielleicht sich sehr gekränkt, vielleicht beleidigt fühlen; Ich muß mich doch ein wenig schmücken, solltest du nicht meinen? Ich möchte als die Schönste in der Welt ihm gern erscheinen!» — «Geduld, Geduld! Du fängst den Hecht nicht *vor* dem Netz; vielleicht Gibt's hier ein Spiel noch aufzuspielen, das uns seltsam däucht! Wünsch ich doch selbst ja den Tatar zu jagen aus den Gauen! Wozu sitz ich denn hier? nur immer rückwärts geht mein Schauen. Sehn wir die Reiter erst! Ich kanns nicht aus dem Kopfe bringen; Ein Fallstrick ist's, der Wojewod legt uns geheime Schlingen.» — Allein schon bringt die Luft Trompetenschall, ein schmetternd Tönen; Man hört von Ferne Waffen klirren und die Erde dröhnen. Schon standen ein'ge Ritter an dem Tore, die dem Zuge, Der ganz gemächlich trabt' vorangeeilt im raschen Fluge. «Waclaw!» Maria ruft, und schneller als der Pfeil vom Bogen War die Gestalt in Flor gehüllt an seine Brust geflogen. 15. O wie lebendig, o wie schön umstrahlt des Glückes Prangen Die edlen jugendlichen Stirnen und die holden Wangen! Wie spielt des Jünglings große Seele in dem heitren Blick, Wie gar so herrlich glänzt sein anmutvolles Herz zurück! Und auf dem klaren Wellenspiegel strömend reicher Lust Da wiegt in Paradiesesträume Hoffnung seine Brust; Voll Mut, erhaben, lieblich nach dem Sturm, der sich verzogen, Verkündet ihm der Zukunft ros'gen Glanz ein Regenbogen. Welch süße Wollust jeder Pulsschlag ihm entgegenbringt! Wie er des Lebens einz'gen Reiz mit durst'gem Arm umschlingt Und stolz besorgt den Busen, der vor Rührung zitternd fliegt, Im Schutze still geheimer Zärtlichkeit in Ruhe wiegt! — Fort goldbetreßter Troßknecht, fort mit deinem mut'gen Pferde, Damit der Liebe flücht'ger Vogel nicht verscheuchet werde! Und du, mein Kronschwertträger, ruhe aus, ich rats dir, Held! Dem Aug entrollet eine Trän, die auf den Schnurrbart fällt. Erweckt vielleicht der Kampf schon jetzt in dir ein leises Grauen? Ach, und Marie? Maria wandelt auf des Glückes Auen Im Glück der Weiber, deren Wonnestunden gleich wie Sterne Am heitren Himmel stehn, indes der Donner grollet in der Ferne. 16. «Nun mein Herr Eidam!» sprach der Alte auf den Lindensitzen, Wobei vor Herzensfreude ihm die feuchten Augen blitzen, «In dieser wilden Welt, ich sehs, regiert der Wind die Freude, Denn kaum erlangt man den Willkomm, ists Not auch, daß man scheide. Für diesmal nicht auf lang; wir werden feste stehn wie Mauern, Ich sammle gleichfalls meine Schar, so wirds nicht lange dauern. Ein Sprichwort sagt: Des Ritters Pflicht ist hart, insonderheit Wenn ihm die Liebe schelmisch guckt aus seinem Panzerkleid. Allein nach kurzer Kampfeshitze winken ruh'ge Muße Und, von Gefahren fern, die frohen Schmäuse zum Genusse. Sobald solch liebe Gäste mich beehren dann im Haus Und Becher klingen lassen, ists auch mit dem Fasten aus. Da mag Maria unterdessen sich geschäftig sputen: An reich besetzten Tischen werde nicht der Würze Gluten, Nicht Pfeffer, Lorbeer, Ingwer, Safran und Citrat geschont, Denn dieser schöne Herr ist selt'ne Leckerfrucht gewohnt. Den Wein besorg ich selbst; und wenn die Sonn in jenem Teiche Ihr holdes Segensleben niedersenkt, das strahlenreiche, Und meine Plane nicht mit trügerischem Scheine blinken: Dann wird der Tatar Tau, und ich aufs Wohl des Eidams trinken! Für jetzt jedoch gehabt euch wohl! Nach schwerem Leidgeschick Erblühet aus der Tugend Pfad noch schöner unser Glück. Ich teil dem Volk die Rüstung aus, auch kleid ich selbst mich an Und schmettern die Trompeten erst, hurtig zu Pferde dann!» 17. Er ging. — Am blanken kalten Arm des Ritters lehnt ermattet Ein schönes blasses Angesicht, vom Helmbusch sanft beschattet; Die schwarzen Zöpfe klingen an, der Panzer preßt ja nicht Den schlanken Leib, ob ihn auch eh'rnen Armes Band umflicht. Das Kleid ist stählern, denn auf falsche Freundschaft ist's gefaßt, Doch schön das Herz, drum hält auf Waffen hier die Liebe Rast. Wie glitt sein Blick gefühlestrunken von der Wangen Glut Auf die Gestalt, die reizend unter Trauerwolken ruht, Als zählt die Reize er! als ob er immer noch nicht glaubte, Daß ihm die Zeit von seinem Schatze Nichts, ja gar Nichts raubte. Nein, dieses Auges Zauberglanz, der Seele Wiederschein Ist unvergänglich, und ihn löscht der dunkle Tod allein. Doch als den Flor der Ritter dann bemerkt, die düstre Freude, Die ob der Blässe greller noch erschien im Trauerkleide, Das süße Lächeln auch, den ganzen Reiz von Schmerz und Sehnen, Auf reinem Wangenspiegel Flecken selbst, die Spur der Tränen: Da ward sein Glück auch rasch umwölkt, er fühlts, die Kraft vergeht, Und bleicher ist er als die Feder, die vom Helme weht. «Als ich auf Steppen und in wild'rer Wüste der Gedanken Noch schwärmte gern, bis Erd und Lust in Dämmergrau versanken; Als nirgends mir ein Stern beleuchtete des Pfades Graus, Durch Sturm und Hagel nur das Pferd den Weg erkämpft nach Haus: Erschienst du mir, Marie! und in des Geistes Abendgrauen Da zeigte mir dein Licht den hellen Weg zu Himmelsauen. Wie glücklich, dankbar, stolz bin ich, daß aus der Freier Schwarm Mich dein Gefühl erkor, zu stützen diesen schönen Arm! Wie selig, daß im Herzen dein ich durch der Augen Tau Der Engel heimlich tiefes Leben und Gefühl erschau! Doch weshalb deckt der Trauer Nebel, dessen schweren Hauch Ich eingesogen, dich, ja dich mit seinem Schatten auch? Warum wächst nicht des Lebens spitzer Dorn in mich allein, Dir seines kurzen Lenzes matten Blütenduft zu weihn? Auch mir hat alles man entrissen, mehr, weit mehr als dir: Du bist des Himmels Eigentum, ich irrt im Grabe hier! Des Lichts verlustig hätte ich, vom schwarzen Geist getrieben, Die Heiligtümer selbst zerstört mit fürchterlichen Hieben. Nicht heilsam ists, sich mit dem Herrn Wojwoden sehr zu necken, Und ist einmal das Schwert gezückt, ziemts nicht es einzustecken. Da hätte weit umher der Väter altes Schloß geraucht, Und mancher Blutsfreund in verwandtes Blut den Stahl getaucht! Rauch, Manen — hätten mich wie Rachegeister stets begleitet, Ich hätte dich — allein durch Flammen nur und Blut erbeutet! O, zittre nicht! dies war vorbei, als ich dich wiedersah, Ja früher noch. Als mirs bezeugte seines Mundes Ja Daß mein du bist, versöhnte mich so sehr des Wortes Klang, Als hätte Niemand mir ein Leids getan mein Lebelang. Da griff ich nach dem Schwert, des Glanz ich nicht aus Eigennutz Entblöße, sondern dir und unsrem Vaterland zum Schutz; Da sattelt ich mein Pferd, das oft im Fluge diese Stege Mich hergetragen hat. Wie glücklich war ich auf dem Wege! Mit welcher Freude fiel mein Blick auf diese Linden, ach, Wie feurig sehnte sich das Herz nach ihrem kühlen Dach! Du weißt nicht, denn dir ist verliehn das stille Naß der Tränen, Wie schwer's dem Manne sei zu beugen wilden Herzens Sehnen: Nach Liebe dürstend, darbend all der Reize zu gedenken, In welche gern die Seele möcht ihr eignes Sein versenken: — Marie, bist du nicht krank? Seh ich dich an, so kommts mit vor Als wolltest du schon jetzt entschweben zu der Engel Chor; Und ob ich mit dir kose, neu erwacht die Marter doch; Ja dich zu fragen drängt es mich: Marie, liebst du mich noch?» — «Ob dich Maria liebt? mein teures, mein geliebtes Haupt! Mehr, als die Kraft vermag, mehr, als zu lieben ist erlaubt, Mehr als das schwache Herz, das volle G'nüge schon gewann, An Freud — so hoher, unverhoffter — noch ertragen kann. Und wenn nicht die Tataren blitzend mir vor Augen irrten Und wenn nicht ihre Pfeile mir schon vor dem Ohre schwirrten: Wie leicht wär mir, wie süß, wie wär ich aller Not enthoben, Als flöge ich in deinem Arm zum Himmel auf da droben! Ob dich Maria liebt? — O, frage doch ihr Schattenbild, Was ohne deinen Blick die ganze Welt Marien gilt, Ja, ohne dein zu denken selbst die Welt, die jenseits quillt? Oft saß ich über diesem Buch, den Sinn in mich verschlossen, Und vor des Schöpfers Macht in ganzer Demut hingegossen, Da wollt ich durch Gebetes Kraft dein Bild in mir verwischen: Gleich tönt es mir als wie ein Echo deines Grams dazwischen! Vielleicht bestraft noch der Allmächt'ge solcher Liebe Glut, Und ein Tatarenpfeil taucht sich in deines Herzens Blut. Siehst du, wie durch des Laubs Gewebe jener Strahl, der helle, Hier zwischen unsre Häupter zitternd drängt die Glanzeswelle? Der Strahl belebt, erfreut und schmückt jedwedes Auge doch: Warum will er, da wir verbunden schon, uns trennen noch? Umsonst, umsonst, mein Lieber! Ob auch Lipp an Lippe hängt, Sieh, wie er mit dem Laub sich neigt und zwischen uns sich drängt! Erinnere, mein Teurer, dich im heißen Waffentanz, Wie auch beim Siegeslärm, daß deines Ruhmes Strahlenkranz, Mag er, der Sonn am Himmel gleich, jetzt rein und schön erblühn, Die Nacht vielleicht herniederwinkt mit ihrem Abendglühn! Begrüb sie doch im Schoß der Finsternis zuerst Marien! Nicht wahr, mein Waclaw, du wirst tapfer, mannhaft in den Schlachten, Ausdauernd, tatenkräftig sein, doch Vorsicht nicht verachten? Und wenn mein gramgehöltes Aug sich erst versenken kann Ins eigne Sein, um neu sein Leben zu entfalten dann, Das Herz vom Druck aufatmet an der Brust, vom Stahle bloß: Wird Waclaw auch vielleicht beklagen nicht sein Liebeslos. An deiner Freude mich zu freun, dein Leiden sanft zu stillen, An nichts zu denken, als wie ich erfülle deinen Willen, Der Trost zu sein für deine Stunden, manchmal auch die Zier, *Für* dich, *in* dir zu leben und zu sterben dann *vor* dir Und in dem letzten Augenblick, ob auch im Drang der Qualen, Mit halb erloschnem Blick das Glück ins Auge dir zu strahlen; Wenns nicht vergönnt: *mit* dir, zu leben doch dir im Gedächtnis — *Das* ist Mariens ganze Lieb und *dieses* — ihr Vermächtnis. Sobald du glücklich wiederkehrst, stimm ich die Harfe mein, Da setzen wir uns beide in des Mondes Silberschein Und eignen, wie du's liebst, auf zarter Klagelieder Schwingen Uns dann Gefühle an, wie niemand sie vermocht zu singen. — — Ha! gräßlich drang wehmütiger Trompetenschall zu mir! — Verlass mich nicht von Neuem; ach! nimm mich, nimm mich mit dir!» 18. Sie stürzt an seine teure Brust und ängstlich preßt der Schmerz Den schlanken Leib so heftig zitternd an des Gatten Herz, Die Ohnmacht färbt so fahl die Wangen und so innig warm Drängt an den holden, süßen Busen ihn der schöne Arm, Daß, als er sich so tränenreichem Kuß entziehen wollte, Ein Weh ihn faßt, wie wenn er sie vom Herzen reißen sollte. Zu bleiben war unmöglich: nein! er spräch der Ehre Hohn Und gäb die Liebe sonst der Schande preis zum bittern Lohn. Und doch, wie tief, wie düster sind die Leiden, die ihn quälen! Kann die Verzweiflung seines Weibes wohl den Mut ihm stählen? Gleich schwer ists, allen ihren Reizen Lebewohl zu sagen, Wie jetzt mit Ächzen tatenlos die Trennung zu vertagen. Des Ruhms Drommete ruft, der greise Führer harrt auf ihn; Die weh'nden Fahnen rauschen, und der Sieg will schon entfliehn! Er legt die Teure hin, sein Auge blitzt in wildem Brand, Er drückt an seine Lippen noch die weiße matte Hand, Als wollte er in diese lieblich zarte Bucht der Minne Einsenken alles Fühlens Kraft im Aufruhr seiner Sinne. Fort war er, nahm den Frieden mit; dem spähend wachen Blick Trat Schritt um Schritt die hohe, leuchtende Gestalt zurück. Schon saß an der verlass'nen Stelle jetzt schwermütig, bleich Die Einsamkeit, die seufzend weckt der Stille ödes Reich, Und auf der Wüstenei des Glücks war schnell emporgeschossen Der Gram und nährt aus wurmdurchnagtem Mark die dorn'gen Sprossen. 19. Aufs feur'ge Roß sich schwingend, doch das Auge kummernaß, Der junge Waclaw mit dem ersten Sprung im Sattel saß. Auch er schwang sich aufs feurige Roß, doch heiter blickt der *Greis*, Und tummelte voll Ungestüm es rund herum im Kreis. Posaunen schmettern hinter ihnen; hinter ihnen fleucht Der Ritterhauf' wie Vögel, von der Erde aufgescheucht. Voran des Adels Jugend sprengt — ha, gegen die Tataren! Das Heer es wälzt sich nach: die Reis'gen wohlgereiht, Husaren, Gepanzerte, und ihnen nach Kosaken rasch im Flug; Troßbuben scheue Rosse tummelnd schließen dann den Zug. — Sieh unterm Strohdach nur hervor, du Kind so trotzig wild, Der Krieger Anblick er entlocke dir ein Lächeln mild; Vielleicht, vielleicht, daß bald der Krieg solch wilde Früchte pflückt! Du Mutter auch, die grüßend nickt, leb wohl, von Ruh beglückt. Nicht ängst'ge dich vor Waffenklang und nicht vor langen Speeren, Der Pole löscht des Auges brennend Feuer gern mit Zähren. — Nur Staub noch weht im Dorfe; Rossestampfen und Geklirre Dröhnt noch erzitternd an das Ohr und macht es taub und wirre. Im Dorf der Staub sich niedersenkt, nur abgerissen klingen Von weitem Kriegeshörner her auf flücht'ger Töne Schwingen. Und still ists, wie wenn leis der Tod aufs Herze drückt sein Bildnis, Und traurig bang, wie in Mariens Seele — eine Wildnis. Sie richtet die anmutige Gestalt empor, empor — Nichts war zu sehn, der Wind jagt nur der grauen Wolken Chor. Sie beugt die Knie, faltet zum Gebete fromm die Hände; Dem Auge, das zum Himmel starrt, entperlt des Schmerzes Spende. Und still, wie das Gebet in Gottes Schoß entströmend mündet, Und öde, traurig, bange ists wie wenn das Glück entschwindet. Zweiter Gesang On Conrad's stricken soul exhaustion prest, And stupor almost lulled it into rest. Byron 1. «Die Steppenblume üppig sprießt und stirbt doch einsam bang, Vergeblich schweift das Auge weit die Ebene entlang. Willst du den Gram versüßen dir, den du nicht kannst zerstören — Du siehst nur Wolkenhimmel auf der Flur und herbe Beeren. Geh lieber in der Myrthen und Cypressen schönes Land, Wo Tag um Tag die Sonn ersteht im freundlichen Gewand; Geh hin wo klarer sieht das Aug in heller reiner Luft, Wo süßer aller Stimmen Klang und wollüst'ger der Duft; Hin wo der Lorbeer sprießt und ewig schön der Himmel lacht, Die Erde farbig glänzt, der Geist in heitrer Muße wacht; Wo auf Pallästen hehr die Männer stehn der alten Zeit Weiß angetan, und stolz auf ihrer Namen Herrlichkeit Dich aus der Ferne laden in die zaubrischen Ruinen Der Götter und Heroen Wohnsitz einst, und jetzt — der Spinnen. Wenn du des Altertums in tiefster Seele gern gedenkst — Vielleicht, so du dein Auge in das schöne Blau versenkst, Findst du dort Trost in der Verzweiflung, Wonne in der Trauer, Geliebten Mundes Lächeln gleich bei kaltem Todesschauer. Doch geh nicht auf die Steppe, ist das Herz dir weh und wund; Grabhügel — weiter nichts blieb auf der kahlen Fläche und Den Rest hat der ukrain'sche Wind verwehet aus dem Grunde — Bleib du daheim und horch der schwermütgen Kosakenkunde.» — «Sag, Bürschchen du, mein junges Blut, wohin du wandernd gehst? Kehrst du aus heil'gem Land zurück, daß du so seufzend flehst?» «O nein, ich bin in meinem Vaterland fremd jedem Blick Und schwarze Narben ließ der Tod in meiner Brust zurück, Ich hab gezehrt vom bittern, giftgetränkten Brot der Welt: Das drückt mein Herz und einsam fließen Tränen ungezählt, Und lach ich überlaut, klingts doch, als sollt ich mich kastei'n, Und wenn ich singen werde, wirds 'ne düstre Weise sein. Mein welkes Antlitz ist der Blässe Heimat nur geblieben, Und aus der Seele Wildnis längst die Freude mir vertrieben. Mein Schutzgeist winkt — ich seh das Grab im Himmelslichte glühn.» «Was suchst du also, Knabe?» — «Der Verzweiflung zu entfliehn!» 2. So stand das junge Knäblein; unterm Zaune blieb es stehn; Man ließ den Schmerz, beachtet kaum, in Klagen sich ergehn. Und jener, der so eben mit ihm sprach, ans Tor gelehnt, Starrt nach der andern Seite hin, die Lider weit gedehnt, Von wo in Trachten bunt gefärbt, mit lärmendem Geschrei Ein Schwarm von Masken völlig unerwartet kam herbei. I «Kennst du *Venedigs* Karneval Bei Tag und Nacht ohn Gleichen An Lustbarkeit und tollen Streichen? Die Maske birgt das Angesicht, und wen die Neugier drängt Zu fragen was ihn kümmert nicht, hei, heisa! den empfängt Lärm und Gelächterschwall. So lebhaft, von Lust durchsprüht, So heimlich, von Lieb erglüht, Der Doge mit faltiger Stirne, Arl'chino mit Wangen wie Rosen, Die muntere, stattliche Dirne — sie kommen zu tändeln zu kosen, Matronen …., die Gauner all — Um Freiheit zu losen. Und Nachen, umzogen Schwarz, dunkeln auf Wogen. Lärm und Gelächterschwall — Kennst du *Venedig's* Karneval?« II «Jetzt bringen wir den Fastnachtsschwarm Bei Tag und Nacht ohn Gleichen An Lustbarkeit und tollen Streichen! Die Maske hüllet unsre Wang, und wer sich noch erkühnt Zu fragen nach Geburt und Rang, hei! dem als Antwort dient Gelächter und Alarm. Ein herzlicher Freudenchor Eröffnet des Hauses Tor; Da stürmen hinein dann in Paaren die schmucken Krakuserinnen, Der Pilger, ergrauet an Jahren, und Juden, Zigeunerinnen, Wahrsager, Teufel, — doch ehrlich all — Um Becher zu minnen. Wir fliegen zu Schlitten, Und zwischen uns mitten Lärm und Gelächterschwall. Kennst du der *Polen* Karneval?» «Ihr könnt hier einmal nicht herein, jetzt ists nicht Faschingssaus, Der Herr zog gegen den Tatar, und leer steht Hof und Haus.» So wies der alte Diener ab die Fremdlinge verwegen Und stemmt sich fort und fort am Tor unbeugsam starr entgegen. Als gleichwohl nun die Larven alle huben an zu singen, Als nun begann ein Musizieren, Quieken, Klappern, Springen, Als feur'gen Blicks die toten Züge, die papiernen Wangen, Die fremden Trachten sich zu flimmernd bunten Kreisen schlangen; Als Farben, Glanz und Schatten sich im Fluge nun entwirrten Und hüpfend, rauschend, flink sich windend auf und niederschwirrten: Da tanzten selber ihm im wüsten Kopfe die Gedanken, Er schaut' und wußt nicht Rat noch Maß, zu bändigen sein Schwanken. Zigeuner, Juden *freuten*, Wahrsager, Teufel *schreckten* ihn, Und gierig blinzt er nach den kreisenden Gestalten hin Die Masken sprangen hin und her vor ihm so hitzig wild, Doch schon beschlich ein Grauen ihn; die Neugier war gestillt. Da blies mit einem Mal in Hörner der Vermummten Mund, Es ließ die Hand von Hand, die Füße standen ruhig und Von rauhen Stimmen, sanft gemildert durch der Flöte Klang, Erscholl in wenig kunstgerechtem Chore dieser Sang: «Ach diese ganze Welt ist Todes Erntefeld, Der Wurm heckt selbst die Brut im üpp'gen Knospenzelt.» «Und wenn der Gram sich in die Seele schleicht Und schwarze Wolken brausend ballt, Und wenn gehäuftes Unglück wen erreicht, Daß in Betrübnis sich zur Erde neigt Die hohe edele Gestalt; O! reize dann der Bosheit Dolch nicht mehr die Wunde, Er berg sich einen Augenblick … Und sei's im Sterben schon, noch tön das Wort vom Munde: Der Friede kehrt zurück, zurück! Denn diese ganze Welt ist Todes Erntefeld, Der Wurm heckt selbst die Brut im üpp'gen Knospenzelt. Wen vor der Krankheit flieht des Himmels Kraft, Der Taube gleich vom Fluch gejagt, Und alle Lebensmächte mit sich rafft, Daß Wangen hohl aufdunsen totenhaft, Noch eh die Weihekerze ragt: Mög niemand, um den Kampf der Schmerzen einzuwiegen, Siegslieder singen voller Glück … Er wollte denn am Ende noch die Worte fügen: Dein Engel kehrt zurück, zurück! Denn diese ganze Welt ist Todes Erntefeld, Der Wurm heckt selbst die Brut im üpp'gen Knospenzelt.» «So jemand, andre schirmend voller Lust, Selbst in des Abgrunds Tiefe bricht, Kurz währt die Freud drob in der Mißgunst Brust. — Hüllt hier auch Bös und Gut ein trüber Duft, Im Himmel ist ein letzt Gericht! Es kann ja auch ein starkes Haupt zuweilen ringen In Düsterkeit mit Mißgeschick … Mög dann von holden Lippen laut das Wort erklingen: Die Freude kehrt zurück, zurück! Denn diese ganze Welt ist Todes Erntefeld, Der Wurm heckt selbst die Brut im üppigen Knospenzelt. Wohl mancher eilt von Wegen fern daher, Tritt hoffend unter Freundesdach, Daß schon der Gruß ertränk der Sorgen Heer; Er stiegt durchs Haus, doch find't er's wüst und leer, Und kein geliebtes Antlitz — ach! Da bebt er wie vor einer nahen Unglückskunde, Er senkt den tiefbetrübten Blick … Dann spreche Gastfreundschaft mit tröstend süßem Munde: Es kehrt der Wirt zurück, zurück! Denn diese ganze Welt ist Todes Erntefeld Der Wurm heckt selbst die Brut im üpp'gen Knospenzelt.» «Ha! Gott der Heil'ge sei mit euch! Wenn ihr nicht Geister seid, So deutet euer bunter Mummenschanz auf frohe Zeit. Ihr bringt uns Neues nicht! Ei, sprang doch hier so manches Mal Als wie ein Kreisel mondenlang herum der Karneval. Herein! der Herr kehrt heim! Obwohl er nicht zu Hause eben, Solls keinem doch an Flaum gebrechen, noch am Saft der Reben!» Sie treten ein, sie neigen sich, sie führen sich in Paaren, Sie schauen rings umher, bis zur Beratung sie sich schaaren. 3. Die Sonne hatte ihren weiten Bogen schon durchlaufen Und färbte hell mit Flammenrot der Wolken graue Haufen; Auf Erd und Wasser zitterte ihr Licht von goldner Wange, Und auf dem reichen Thron entbrannte sie im Untergange — Ihr wundervoller Blick, er blendet jetzt das Aug nicht mehr, Und milde, sichtbar sät sie rings die Strahlen um sich her. Eh sie sich in die Tiefe birgt nach kurzem Segensgruß, Gewähret sie den ird'schen Augen einen Scheidekuß. Noch zögert sie im letzten Augenblick sich zu versenken, Um alle Wesen mit des Lebens Lächeln noch zu tränken. Noch lugt sie durch die Scheiben dort hinein, wo Menschen wohnen, Bang wie der Freundschaft Blick, die fliehen muß in ferne Zonen. Sie wirft ihr Purpurkleid hoch aus der Wolken trüben Dust Und taucht in das Geheimnis der Natur die reine Brust; Die Nacht verwischt mit neid'schem Finger schnell des Tages Pfad, Schleppt nach — den schwarzen Mantel für Verbrechen und Verrat. Wo weilt der Kronschwertträger doch? Die Zeit ist angebrochen, Da nach der Schlacht die Schläuche anzuzapfen er versprochen, Da, froh sein Herz erschließend er sein Haus versammeln sollte, Das Glück der Tochter krönen und den Schwiegersohn bewirten wollte; 'ne reizende Gesellschaft ist zu Gaste schon erschienen: Was mag ihm wohl als Grund für so unzeit'ge Zög'rung dienen? 4. Vom Augenblick, da ihm als Ziel vor Augen stand der Sieg, Vom Augenblick, in dem den edlen Renner er bestieg, Als der Drommeten Schmettern ihm durch alle Adern dröhnte Und wie ein hehrer Ruf vergangner großer Zeiten tönte; Als er die rüst'ge Jugend sah, die Waffen hörte klirren Und Schienen rasseln, Pferde schnauben, Fahnen rauschend schwirren: Da, mit dem Eidam werbend um den Ruhm als Brautmarschall, Däucht er ein Adler sich, mit dem sein Junges fliegt zu Tal. Als die Tatarengräuel dem Vergessen sich entwanden, Und plötzlich, eine blut'ge Schaar, vor seiner Seele standen: Zog sich die Stirn in Falten stolz, im Aug brennt Feuersglut, Auf linkem Ohr die Mütz, Verderben in der Rechten ruht, Indessen Kampfbegierde in der Seele Tiefen bebt, Daß jedes Haar des grauen Schnurrbarts in die Höhe strebt. Kaum waren sie zum Dorf hinaus, saust aus der Scheid das Schwert, Und einen Blick, vor dem der Feigling zitternd sänk zur Erd, Auf seine Tapfern werfend, daß das Herze ihnen schwoll, Verlangt er aufmerksam Gehör, und laut die Stimm erscholl: «Ihr Herrn vom Adel! Bürger! Kampfgenossen allzumal! Ich weiß, ihr stürzt euch auf den Feind flugs wie ein Wetterstrahl! Wen übrigens tatar'sche Kriegessitte schrecken sollte, Und wer die grimme Heidenschaar am Leben schonen wollte: Der troll sich auf dem Gaul nur weg nach Hause, denn bei Gott! Ich malt ihm mit dem Degen sonst das Antlitz blutigrot. So stürmt denn rasch, vereint und kühn, laßt eure Büchsen knallen, Auf Gott vertraut, aufs Schwert gebaut und traun! die Köpfe fallen Gleich Ähren, welche heute wie im hellen Glanz sich wiegen Und morgen, nach dem Sensenschnitte welk am Boden liegen. Doch äße keiner ruhig seine Grütze, in der Tat, Wüßt er im Krieg Heuschrecken zu vertilgen sich nicht Rat; Drum sacht, vorsichtig, klug! und wenn erst die Drommeten schallen, Dann spornstreich drauf, dann zeigt, daß so nur Polenschläge fallen! Nun erst gehts Fischen an; da sei mir jeder unverdrossen, Ihr Herrn vom Adel! Bürger! allzumal ihr Kampf-Genossen!» Er ritt dann schnellen Trabs voran mit seinem Schwiegersohne Beriet mir ihm geheim den Kriegsplan, teilt' ihm der Spione Kundschaft mit, erklärt ihm wie und wo von beiden Heeren Der Eifer und die Kraft im Angriff zu verbinden wären. Wie man den Sieg benütz; im Fall die Feinde widerständen, Wie man den Schein der Flucht annähm, den Sieg sich zuzuwenden. Waclaw war Aug und Ohr, da Hand und Kopf und jede Mien Des Kronschwertträgers Nachdruck dem beredten Wort verliehn. Man spräch, säh man ihr Bild, der Maler wollt mit Künstlerwalten Im Gegensatz hier eine reizende Idee gestalten: Er prägt den Ernst im Jüngling aus und Jünglingsglut im Alten. 5. Indessen ging's am Dorf vorbei fernab gebahnten Wegen, Und immer tiefer jagten sie steppein auf wüsten Stegen, Wo Wind der Sämann ist und Zeit die Garbenwenderin, Nicht Gier die Ernte hält, nicht Fleiß sich bückt zur Erde hin, Die jungfräulichen Reize der Natur in Einsamkeit Glückselig still erblühn, von Menschenhänden unentweiht, Wo nur der Himmel sie umfängt und ringsum weit und breit Ein buntgefärbtes Meer sich dehnt von Fruchtbarkeit. Ein Schiffer drauf, führt hier der greise Held den Heeresbann. Des Weges Richtung, endlos, zeigt der Sonne Lauf ihm an. Das hohe Gras bricht um, das Schilfrohr knickt, die Blumen alle Sie neigen ihre Balsamstirn der Hufe schwerem Falle. Jedoch den grauen Schnurrbart rühret nicht der Duft, der milde, Des süßen Atems Wollust dringt nicht in die Brust, die wilde. Krieg nimmt die Seele ein; Ehrfurcht dem Staub, der hier gefei't Im Heimatsboden liegt, und Rache dem, der ihn entweiht! Auch ließ er, als es galt der Tatarn Schliche aufzuspüren, Die irrgewundnen, sich von heißer Kampflust nicht verführen, Wohl wissend, daß im Dickicht hin und her nach allen Seiten, Ein trügerisches Merkmal, unerforschte Wege leiten. Er schnitt vielmehr querdurch ihr künstlich Netz und lächelt schlau, Dem Jäger gleich, der seines Tieres sicher ist im Gau. Dann teilte er die Schaaren in zwei Hälften ab zur Zeit, Mit klüglich vorbedachter List zu gleichem Zweck bereit. Die eine, welche bleibt, grüßt mit der Mütze noch der Held Und mit der andern biegt er ab ins unermeßne Feld. Im Dickicht blüh'nder Disteln sind die Recken schon versteckt Und liegen ohne Roß auf rote Erde hingestreckt; Sie kriechen fort, wie Büsten anzuschaun, auf blut'gen Bahnen, — Verschwunden wie im Wasser sind die Mützen schon und Fahnen. 6. Und Waclaw, der gewalt'ge Herr, im weiten Steppenreich Schweift er allein nach Herzenslust; warum wird er so bleich? Der wilde tapfre Waclaw führt zum Ruhme seine Reih'n Durch eine Wildnis hier; warum sieht er so finster drein? Laut gellend pfeift der Wind; Waclaw hat oft mit Lust geletzt Die Augen in dem luft'gen Bad; warum senkt er sie jetzt? Nachdenkend ist er, traurig, und doch wonnevoll und heiter, Er mustert mit dem Blicke nicht einmal die treuen Reiter. Warum? er weiß es nicht, er weiß nur, daß des Ruhmes Licht, Das lockend winkt, feucht glänzend durch Mariens Tränen bricht, Er weiß nur, daß sein Herz urplötzlich zittert und erbebt, Wie wenn an dem Erwachenden ein Flor vorüberschwebt, Daß er erschreckt, geängstigt und erstaunt den Blick erhebt. Er schüttelte mit raschem Wurf des Haupts der Haare Gold, Als ob er es vom kalten Morgentau befreien wollt; Er gab des Rosses Willen, das im Flug ihn fortriß, nach, Als wünscht er sehnlichst zu entfliehen schwerem Ungemach, Zugleich war in dem trübumflorten Aug ein Glanz entbrannt, Wie wenn die Seele wird von Hochgefühlen übermannt, Und siegend über alles Erdenweh das reine Licht Unsterblichkeit verklärend stammt auf sterblichem Gesicht. Was für Gedanken, Schwäche, Gram, Erinn'rung, Schreckenswahn, Was für Gesichte ihn auch stürmisch drängten aus der Bahn, Welch dunkle Macht in ihm auch niederkämpft die Tatentriebe: Für Ritterpflicht allein entbrennt er jetzt in heißer Liebe. Hat ihm des Bösen Geist, der neidisch an der Hoffnung zehrt, Der Zukunft Schleier lüftend, einen Blick in sie gewährt? Sind des Gemütes zartgespannte Saiten so erschüttert Von Unglücks rauher Hand, daß eine Ahnung sie durchzittert? Er fällt vielleicht im Krieg? Ach was ihn immer sonst ereile, Sein Geist nicht, noch sein gutes Schwert erliegen sonder Weile: Und ob ihm auch des Todes Hauch das Aug in Nebel hülle, Das Schwert bleibt fleckenlos und fleckenlos des Herzens Wille. Drum wie ein Strom gestaut im schnellen Lauf den Boden spaltet Und beider Ufer Damm zerreißend, rings zerstörend waltet, Und wie ein Roß, des Flug der Fesseln bar, nun Feuer sprüht, Die Erde stampft und schneller als der Sturm von dannen flieht: So Waclaw unaufhaltsam jetzt auf seiner dunklen Bahn — Zerriß der Schwermut Schleier, der ihn hemmend will umfahn. Gewalt'ger nur und mutiger durchbrach er alle Schranken, Maß drohend sichren Blickes seine Waffen all die blanken, Und dennoch tönt ein grauses Wort (den finstern Blick wirds deuten) Durch alle seine Nerven ihm: «Wirst einen Sarg erbeuten!» 7. An Sorgen ist das Leben reich, an Dornen und an Weh'n, Viel Tränen fließen offen zwar, doch mehr noch ungesehn; Und wer im Schmerzgestöhne bricht in gellend Lachen Den nennt man glücklich hier, dem Tollen gleich im Narrenhaus. Wenn aber das Gemüt dem edlen innern Drang vertraut, Aus heiligster Gefühle Schutt das Leben neu erbaut Und eingewiegt in tück'sche Zuversicht nach jedem Schritte Abgründe gähnen sieht und selber sich in ihrer Mitte; — Dem Vogel gleich, der flatternd kam — den Jungen Az zu bringen Und sieht den Knaben dräuend stehn, gefangen sich in Schlingen! — Wenn jammernd selbst die Hände ringt der allerkühnste Mut, Indes der Blick starr aus der schrecklichsten der Qualen ruht, Und all die tausend Wunden, die das kranke Herz beschweren, Ein Nest von zischend gift'gen Schlangen ihm zur Welt gebären; Wenn Bosheit wird zur Raserei und wie zum Zeitvertreib Zuvor den Ruhm und dann das Leben nimmt dem stechen Leib! Wenn nicht allein die Gegenwart sich wälzt im Ekel, auch Die Zukunft naht mit wildzersaustem Haar und gift'gem Hauch — (Naht — wem? der Engelsseele, die dem Fluche fällt anheim, Weil gastlich sie genähret wilde Brut mit Honigseim); Wenn jede gute Eigenschaft sich kehrt in Bitterkeiten —: Ach! das ist mehr denn Erdenweh', das sind der Hölle Leiden! Und solche Qual, vielleicht auch andre noch und herbre Pein Goß in des Jünglings Seele ihren heißen Sud hinein. — Die hinter ihm im Glanze wogend sprengten lang gereiht, Sie hatten wenig Acht aus ihres Führers Düsterkeit. Ein jeder sann, und mocht verschieden auch die Weise sein, Sie waren darin gleich, daß jeder sah in sich hinein. Und doch war jeder gern bereit, gezückten Schwerts sofort Zu stürzen sich in Todesnacht auf ein befehlend Wort. In Ordnung ziehn sie schweigend hin (die Beine kreuzend stellen Die Rosse in der Rosse Spur die Hufe ein, die hellen), Wo Waclaw sie, in langer Reih gedehnt, nach seinem Sinn Auf menschenleeren, krummen Seitenwegen führt dahin. Durch unermessne Au'n, dort, wo die Eb'ne scheint zu enden, Um wieder leisen Bugs zu weitrer Fläche sich zu wenden; Dort angelangt, entgegen einer Wolke lichtem Glanz, Erscheinen sie dem Aug wie Rittersleut im lust'gen Tanz. 8. Doch halt! was sehn sie auf dem Hügel? Dort im nahen Grunde Da qualmen Knäuel Rauches auf und Funken sprühn im Bunde; Sie winden sich empor zu überhängend ries'gen Säulen, Die hoch in schwarze, schwere, blut'ge Wolken sich zerteilen. Und ach! was trifft von dort ihr Ohr? Aus naher Niederung — Im Strohdorf — Weinen, Schrei'n und Ächzen der Verzweifelung, Daß von dem scharfen Ton das Herz im tiefsten Grund erbebt Und selbst die Brust in Stahl gehüllt sich hoch von Seufzern hebt. «Habt Acht! Greift zu den Waffen: Lasset eure Fahnen wehn! Tataren plündern dort, drum — siegen oder untergehn!» Und plötzlich stürzten die ergrimmten Recken, wie ein Fall Der Wasser blinkend, brausend von dem Hügel in das Tal. Schon stand das ganze Dorf durch Räuberhand in Flammenglut, Das Volk bestürzt und waffenlos, in Tränen schwamms und Blut. Doch ists nicht Zeit zu retten Hab und Gut, den Schmerz zu dämpfen, Noch mit dem Feind vereinzelt um die Beute jetzt zu kämpfen. Denn schon versammelte der Khan, gewarnt durch seine Wachen, Die größern Horden um sich her, den Lieblingstanz zu machen. Dort hinterm Dorfe stehen sie bedeckend rings das Feld, Links Wald und rechts ein Bach, sie selbst im Halbkreis aufgestellt. Waclaw bemerkt sie wohl, doch er erwägt zu gleicher Frist — Wie ein mißglückter Angriff oft verderbenbringend ist. Wie sich zurückziehn durch die Glut? — Ach! wer kann dem entgehn, Sei's Sieg, sei's Tod, was ihm der Himmel hat zuvorersehn! «Mir nach, wer Mut hat!» Sprach's und spornt das Roß, das zögernd säumt Und eh es sich ins Feuer stürzt, hoch aufspringt und sich bäumt — Wars doch so wild verwegen nicht, als wie der Herre sein. — Wo ist die Polenschaar, die je den Führer ließ allein?! Sie jagten in die Flamme nach und in der Lohe Schimmer Da brachen sie sich Bahn durch glüh'nden Schutt und brand'ge Trümmer. Schon sind sie hinterm Dorf und rasch, einmütig, kühn, gewandt Entfaltet sich das Heer und steht in Reih und Glied gebannt. Mit einem Schreckensklang ertönten die Trompeten all, Die Hufe schwangen sich empor mit einem lauten Schall, Und Ruhm und Rache rissen wie mit einem Schwunge weiter Die schnaubend tollen Rosse und die vorgebeugten Reiter. 9. Und kräftig war der Angriff. Die Schwadronen der Tataren, Halbmonde, Roßschweiffahnen flatternd mit den langen Haaren, Die ries'gen Bogen und die Zottenpelze die verkehrten, Die braunen Wangen mit den rabenschwarzen langen Bärten, Die Züge finster trüb, Schlitzaugen träumerischer Art, In denen tier'sche Grausamkeit mit menschlicher sich paart, — Das ganze Schauspiel, dem an Wildheit keines zu vergleichen, Brand, Steppe, Pfeile, die schon zischend durch die Lüfte streichen, Sie schrecken nicht der tapfern Polen Mut, die kampfbereit Den Sporn der Ungeduld nur fühlten wie ein Stachel Im Sturmlauf flogen sie, doch als sie nun die Schwerter zückten Zum Handgemenge — während Maul an Maul die Rosse drückten — Und in den Halbkreis drangen nach berühmter Kampfesweise: Schloß hinter ihnen der Tatar die Flügel rasch zum Kreise. «Alla hu!» schrien die Horden; Rott an Rott zu tausend schoß Auf die Umzingelten die giftgetränkten Pfeile los. «Hurra!» scholl's von der Christenschaar und mit des Falken Eile Durchbrach sie mitten in dem Kreis das Nachtgewölk der Pfeile. Jetzt rückt sie vorwärts, Reih an Reihe in geschloßnem Heere, Ausheulend, tosend, sausend, mit dem starren Wald der Speere; Staub wallt, und Klirren, Schreien, Rasseln, Brausen und Gewimmer Ringsum —, durchbrochen stürzt der Moslems Menschenwall in Trümmer. Auf Menschen treten Rosse; Spieß und Lanz, die natterngleichen, Durchbohren die Tatarenleiber unter Hufesstreichen. Die Köpfe glühn, es blitzt der Stahl, es fließt das Blut in Bächen, Der Tod hat Müh zu löschen all die Augen, welche brechen. Doch all dies währt nur kurze Zeit, denn hinten wie zu Seiten Erstehn Barbaren ungezählt mit neuer Kraft zu streiten. Der Polen Ende naht, der junge Führer ruft heran, Ermuntert, ordnet, wendet um und greift noch einmal an — Nun wirrt sichs erst so recht, ein jeder ist umringt, und her Und hin reißt wirbelnd ihn der Mut zur Gegenwehr. Er haut, er spornt, er mordet, unerschöpflich bleibt der Schwarm Und tausend stürmen ein, hat zehn besiegt des Einen Arm. Ein Strom ergrimmter Haufen, grauser Lärm und Staubesnacht Und Schwerter blitzend auf im raschem Flug — das ist die Schlacht! 10. Geschieden von den Seinen, mitten im Gedräng der Feinde, Allein, hilf-, hoffnungslos und ohne Zeugen, ohne Freunde, So kämpft der düstre Waclaw und er rang nicht mehr ums Leben, Das ihm zur Last; der Schmach nur will er's nicht zum Opfer geben. Tod schleudert er, Tod suchend; denn, ach: tief im Herzen tönt Ein Schrei, wie von der Taub, die unterm Habichtsschnabel stöhnt, Der alles Denken lähmt. — Doch wie? — sei's Staunen wunderbar, Sei's Schreck, vielleicht die Wirkung seines kräft'gen Armes gar: Der Schwarm unzählbar, der ihn wie ein Knäul umschlossen hält, Erweitert sich vor ihm zu immer größten Raumes Feld. Sie sehn, erkennen ihn, den Führer! Jeder in der Runde Stürzt los auf ihn und — fällt; mit keinem ist der Sieg im Bunde. Doch als der blauäugige Jüngling nun es klar ersieht, Daß zagend sich der Feinde Kreis vor ihm zurückezieht, Gilt ihm der wunderbare Vorteil nur als traur'ge Mahnung, Daß sich an ihm doch nicht erfüllen werde seine Ahnung. Warum doch hatten sie nicht *einen* Pfeil in Köchers Munde, Der mit dem Natterngifte stecken bliebe in der Wunde? Ihn schmerzt's, daß sie schon fliehn; die Furcht, das Leben zu erhalten, Jagt ihn, die Brust zu bieten dar den grausigen Gestalten. Bald! bald! Der feiste, braungerötete Tatarenkhan Stürzt dort schon, schäumend ha! vor grimmig stolzer Wut, heran. Er sieht die Horde sein von einer dunklen Macht besiegt, Er sieht, wie sie des *einen* Mannes Tapferkeit erliegt, Er zerrt am zott'gen Bart und reißt im grausen Ungemach Den Mund auf zum Verzweiflungsschrei: «Entsetzen, o, und Schmach!» Mit finstrer Stirn erheben Tausende auf Einen, traun Ihr Schwert, sie nahen schon, sie werden ihn in Stücke haun! 11. Was schmettert hinterm nahen Wald, als ob Trompeten klängen? Welch frische Schaaren wohl hervor dort mit Getöse sprengen? Welch neuer Recke ist's, der rechts und links die Klinge schwingend Den Weg sich durchs Getümmel bahnet, Tod und Schrecken bringend? Das Roß streift kaum den Grund, der Wind spielt mit dem dünngesä'ten Und grauen Haar, es schimmert gleich dem Schweife des Kometen; Und wie er einem Schwimmer gleich sich durch die Feinde schlägt, Sieht man, daß Angst und jäher Eile Trieb ihn vorwärts trägt. Wie eine Löwin, die von Menschen sieht umringt das Junge, Das sie allein gelassen, grimmen Mutes naht im Sprunge; Wie eine Mutter, die den Flüchtling hoffnungslos verloren, In Freude schmilzt, wenn sie das Kind erblickt, das sie geboren — Mit solchem Mischgefühl der Mutter und der Löwin saust, Ein Blitz im Fluge und den blanken Degen in der Faust, Wie ein Phantom den Augen, die erschreckt und staunend sehn, Der Kronschwertträger her; erst hart am Eidam bleibt er stehn. — Ihm aus der Ferse nach sprengt seine Reiterschaar heran — Sein allererster Gruß gilt dir, du aufgeblas'ner Khan! Sie fliegen spornstreichs auf einander los. In starrer Ruh Sehn Polen und Tatar'n dem nahenden Ereignis zu. Ein Weilchen säumend greift der Alte an, sprengt seitab drauf Und wieder dringt er auf den Gegner ein in vollem Lauf, Bis er, erpassend seine Zeit, mit kräft'gem Gegenhieb Das Eisen, das geweihte, in des Heiden Nacken trieb. Wie abgemähet fliegt das Haupt herab im wucht'gen Schwunge! Es rollt die Augen, Worte unverständlich lallt die Zunge, Es kollert hin und her, es gähnt, erbleicht, erlischt; hoch spritzt Das Blut aus ries'gem Rumpf, der unbewegt im Sattel sitzt. Durchdringendes Geschrei steigt auf; sie fliehn; des Khanes Roß Jagt mit der Leiche seines Herren mitten in den Troß. Die Heiden faßt der Schreck; zum Metzeln spielt jetzt Hörnerton; Die neue Schaar setzt nach — die alte stritt sich müde schon —; Es knallt und blitzt, es pfeift und lärmt, es schreit, es schnaubt, es stöhnt, Und die Vernichtung wird durch heißerkämpften Ruhm verschönt. 12. Nur kurz noch währt der Kampf. Die Waffen streckt ein großer Teil, Ein größter fällt; die Nachhut rafft was flieht in wilder Eil. In Bächen fließt auf dem zerstampften Grund das rote Blut, Bei Pole und Kosak auch des Tataren Leiche ruht, — Denn notgedrungen liegt wo er gefallen jedermann, — Die Rosse fliehn der Steppe zu, die Seelen himmelan. Kalpak's, Turbane sind weithin zerstreut, von Staub entehrt, Treu rastet dicht bei ihnen nur das blutbespritzte Schwert. O du, des Wohlergehn der Brüder Tapferkeit verpfändet, Komm, horch wie kriegerische Lust und Siegsgeschrei nicht endet! Sieh, wie hier zwischen Leichen angenagt vom Wurmgezücht Den Tod an ihrer Statt sich wünscht manch bärtig Angesicht, Wie Lächeln auf den finstren Stirnen tagt und sie verschönt Und dann, ein schallend Lachen, gleich dem Donnerecho tönt! Komm, zittre nicht! an ihrer Seit ist's ehrenvoll zu stehn; Wie blüht von Feindesblut benetzt ihr Mut so reich und schön: Und regt sich dir im Herzen nichts darob, als Furcht und Beben, Zagst du für Vaterland und Volk zu opfern selbst das Leben, Gäbst du in Not für sie nicht alles, was dir Stab und Stecken — O! schau dann tief in dich, und vor dir selbst wirst du erschrecken! Komm, drücke du den woll'nen Kaftan an die erz'ne Brust Und ihre Wunden küsse du in heil'ger Dankeslust! 13. Ein Hügel war am Waldessaum, des Stirne lenzesgrün Die würz'gen Düfte wilder Thymusblüte rings umsprühn. Ihn schmücken Hangebirken, angetan mit weißen Flittern, Die wenn die Weste kosend durch ihr Zweiggeflechte zittern, In Tränen stehn wie Jungfraun alter Zeit am Grab von Rittern. Dort unter ihrem traumesdämmrig balsamfrischen Kranze Ruhn Sieger und Gefangne in der Eintracht heitrem Glanze. Die Einheit hat das Leben doch, daß Wollust Schmerzen spendet Und Mühsal, Langweil, Schande, Ruhm zusammt ermattend endet. Im Vordergrund ein sinkend Feuer, das des Kampfes Feld, Ersterbend schon mit düstrem Flackern zeitweis noch erhellt. In Rücken barg die Sonne sich am grünen Waldesrand Und staunte, weil die Wipfel all sie sah in glüh'ndem Brand. Die Farben blichen, Raben flogen nieder und im Kreise Umschwärmten sie mit heiserem Gekreisch die Leichenspeise. Die Wachen sind gestellt, an Lagerfeuern tobt nicht faul Das rühr'ge Kriegesvolk; das Gras knirscht in der Rosse Maul Wie ferner Waffenklang, und einem weißen Aare gleich, Saß bloßen Hauptes, alt und grau und doch so ruhmesreich, Der Kronschwertträger in der Birke kühlem Schatten dort Und redete zum finstern Eidam jetzo dieses Wort: «Mein Sohn! — So nenn ich dich, seit wir so nahe sind verbunden, Daß du in meinem Herzen hast den Sohnesplatz gefunden — An einem Glückesfaden spann der Tag sich ab, fürwahr! Mein Waclaw kehrt mir unverletzt; aufs Haupt ist der Tatar Geschlagen und, Gott gebs! auf lang beruhigt die Ukraine — Und das durch Gunst Fortunas mehr, als mein Verdienst, das kleine. Doch wenn die Seele, wie es scheint, besitzt des sie begehrte, So siehst du mir doch gar zu traurig aus als Siegsgefährte. Sieh, wie so reizend schön der Mond dort kommt heraufgestiegen! Genug des Ruhms! nun ziemt es auch dem Herzen zu genügen. Sitz auf, eil fröhlich heim, wo dein getreues Weib mit Bangen, Wie auch der Diener treue Schaar, sich sehnt dich zu empfangen. Ich nehme noch des Aufbruchs wahr und morgen mit dem Dämmern Da werd ich mit des Hufschlags Gruße «guten Tag» euch hämmern. Sitz auf, dein edler Renner trägt dich hin in Flugeseil; Leb wohl: mein, wie auch Gottes Segen bleib dein stetes Teil!» 14. Waclaw erhob sich rasch, und nach der Sitte jener Zeit Drückt er die alte Hand, die ihm voll biedrer Herzlichkeit, Wenn kräftig auch und rauh, den Druck erwiderte. Schon hatten Das flinke Roß sammt Reiter hinter sich der Bäume Schatten, Indes der greise Kämpe an sein Vaterunser schreitet. Wie reizend doch der junge Waclaw durch die Steppe reitet! Um Haar und Federn spielt ein Silberglanz und winzig bricht Sich in dem Waffenschmuck des vollen Mondes Angesicht. Ha! welche Lust, wenn die Natur in Stille ruht gefangen, Zu fliegen zur Geliebten hin mit sehnendem Verlangen! Zu grüßen jeden Gegenstand mit freundlichem Gedenken, Mit ungehemmter Freude sich in jeden zu versenken! Da wird die Stille unterbrochen nur von süßen Tönen, Der Nachtigallensang, das Wassermurmeln, Fröschestöhnen, Sie sind in Klängen wild und bange, rührend und lebendig Dem wachen Fühlensdrang geheimer Sehnsucht all geständig. Dann scheucht der holde Duft, der aus den Blütenkelchen quillt, Mit leichtem, wonn'gem Hauch der Sorgen düstres Nebelbild; Die Seele ist verklärt, als sollte sie im Himmel landen Bei ihrem Schöpfer droben, frei von ihres Körpers Banden. Natur ist Mutter dann, die mit dem Menschen alles teilt: Und alles lächelt, weil die Freude allerorten weilt. Dann bleibet ungezückt das Schwert, vergessen jede Wunde, Die Güte wohnt im stolzen Blick, Verzeihen aus dem Munde. Und so flog Waclaw selig schon, als hätt ein Wetterstrahl Des Lebens Segel eben ihm zerteilt mit *einem* Mal: Denn *beugen* konnt ihn nicht der Erdensturm, mit starkem Flügel, Er hätte wütend nur umbraust den kalten *Grabeshügel*. — Und so flog er die Steppe hin; doch ach, der Traum so licht, Der in der Erdenkinder Glückesrausch sich blendend flicht, Er währt zu kurz. Erinn'rung steigt empor wie ein Gesicht Und weckt vergangne tote Zeit, in deren duft'gem Flor Unruhig schauervoll es flüstert wie im Geisterchor: «Du sahest sie so bleich, so schwach — traun, ohne Schutz verzehrt Die zarte Ranke sich und welkt! — traun, ohne Hülle währt Die süße Frucht hier nicht. Und wie? zurückgekehrt zu ihr Sahst dein verlornes Eden du und stießest es von dir!? Weshalb? Um eitlen Ruhmes willen, dessen Schimmer nicht Ein einzig Lächeln aufwiegt vom geliebten Angesicht, Ach, hättest du nur Grund auf des Geschicks Bestand zu bauen! Doch kaum entwich der Sturm, hellt schon dein Blick sich von Vertrauen. Vergessend, daß die Zeit nach Gram zu messen bitter schmerzt, Hast du das Glück, das dir bestimmt, leichtsinnig *selbst* verscherzt!» Und weiter, schneller gings. Leicht über Strauch und Graben sprang Das Pferd gestreckten Leibs; des Laufes Schall, der Hufe Klang, Des Ritters blitzende Gestalt den Landmann eben traf, Wie er die Sinne sammelte, erwachend aus dem Schlaf. «Hu, hu!» Eh er die Augen rieb und Herz vermocht zu fassen, Ist fort der Reck und hat die Vampirsage hinterlassen. So stürmte Waclaw hin und war, im Glücke angsterfüllt, In Schönheit fürchterlich, der Sterblichen getreues Bild. 15. Doch endlich prallt das Roß ans Tor, die Brust mit Schaum bedeckt, Und wiehernd es nach Kühlung rechts und links die Nüstern reckt. Doch niemand ist zu sehn, obgleich der Mond gar helle blinkt. Kein Knappe hier behenden Fußes an die Zügel springt. «Es muß sehr spät sein: mögen sie doch schlafen sorgenfrei!» So dachte Waclaw, und er band sein Roß an nebenbei. In jener Flut der Lust, wovon das Herz ist übervoll, Wenn bald es, bald schon am geliebten Busen schlagen soll, Mit jenem Glanz des Blicks, vor dem die Furcht verscheidet schier, Mit *einem* Freudensprung stand Waclaw an des Hauses Tür. Ach, welcher süßen Reize Vorgefühle ihm erwachen! Ein Weilchen noch — und schöner, reicher wird das Glück ihm lachen, Als Menschen, Engeln je es lacht. Er klopft ein, zwei, drei Mal — Ein wachsam Echo fliegt zurück mit Antwort gleicher Zahl Und schweigt. — Des Lebens oder einer Regung einz'ge Spur, Harrt' schlummernd stille hier es auf des Ritters Ankunft nur. Nicht eil'ger Schritte, jäher Rede Lärm ist zu erlauern, Kein Lichtschein in den dunklen, öden und verschloss'nen Mauern. O wie so bleiern ist ihr Schlaf! Die Ungeduld rät an, Daß durch die Tür mit *einem* Hieb der Säbel breche Bahn. Doch solch gewaltsam heft'gen Rat mußt er verwerfen: nein, Nie brächt er Unruh *ihr*, um zu verkürzen *seine* Pein! Mocht lieber doch der Sturm in seiner Brust den Lauf vollbringen, Wenn er nur nicht zu ihr mit seinem Angstruf konnte dringen, Er klopfet nochmals, leiser: in des Herzens Himmel sprießt Schon Engelsfühlen, da man trunken seiner selbst vergißt. Und langsam vorwärts schreitend hält er manchmal plötzlich inne, Und durch die Stille lauscht er mit des Ohres feinem Sinne. Er blickt den Vollmond an, der auf des Rasens weichen Kissen Sein eignes Bildnis ihm entwarf in ries'gen Schattenrissen. Wie sanft und ruhig dieser doch die helle Bahn vollendet Und, ach, wie er zu seiner Sonne hin die Augen wendet! Der Ritter beugt das Haupt: ihm dünkt, als ob im fahlen Licht Ein höhnisch Lächeln spielt um das verzerrte Angesicht. So traurig sinnend oder alles Denkens bar, gefangen Im Wirrwarr feindlicher Gefühle, wo der Schmerz, das Bangen, Erinn'rung, Liebe, Glück, ja alles, alles scheint zu enden, Irrt er ums Haus herum, das schweigend ruht in Schlafes Händen Und stille, taub und tot den teuren Schatz im Schoße hält, Gleich den verwünschten Schlössern in Arabiens Märchenwelt. Doch horch, was ists? Verloren hatt er schon die Hoffnung, ach! Da merkt er endlich, daß sich Etwas regt; im Schlafgemach Sieht er das Fenster offen, und ein Vorhang, leicht gesenkt, Der hier als Wächter gegen nächt'ge Schwärmer aufgehängt, Mit flatterhafter Laune höhnt den Windeshauch, den scheu'n, Wehrt ihm, und lockt ihn wieder doch in das Gemach hinein. O welch ein Liebesfeuer durch des Ritters Adern fließt! Wie aller Glanz des Glücks auf seine Wangen sich ergießt! Wer ist, der solchem Sinnestaumel widerstehen wollt? Er wär ein steinern Bild denn oder reinstes Tugendgold. Waclaw war keins von beiden. Krieg und Kampf war seine Sache Und Liebe, Treue, Dankbarkeit — schon ist er im Gemache! 16. Da ruht in Trauerkleidung auf dem schwellend hohen Bette Ein schlafend Weib, starr ausgestreckt aus ihrer Lagerstätte; Doch wird sie nicht umkost von tiefen Schlafs Gemächlichkeit. Als wär hier plötzlich abgeschnitten ein gewaltig Leid — So war auf ihrem fahlen Antlitz noch ein Weh gebannt, Obwohl der Körper ruhig, regungslos lag ausgespannt. Nachlässig fiel zur Erd herab ihr langes Haargeflechte, Nicht wie die Liebe schlafumstrickte Reize legt zurechte; Und Trauer lag auf kraftlos aufgeduns'nem Wangenrund, Als ob sie klagen wollt — nur daß geschlossen war der Mund Von einer stärkern Macht. Des Mondes Strahl, beleuchtend kalt Mit seinem blassen Schimmer diese düstere Gestalt, Lieh einen Ausdruck wild dem halbgeschloss'nen Aug, als schaut' Zu ihrem Liebsten buhlend auf hier eine Vampirbraut. Das ist Maria jung und schön! Der Ritter steht daneben, Bracht ihr der Erde Glück: was mag er nur so ängstlich beben? Das ist Maria jung und schön! Wie ist der Reiz gewichen! Hat denn ein Wurm sich schon in ihren Busen eingeschlichen? Allein nicht lange steht in Staunen Waclaw hier gebannt, Schon hat sein Geist sich von des Leibes Zittern rasch ermannt; Er beugt sich über ihre Wang, daß Lipp an Lipp er schließe Und seines Herzens süße Wollustfülle drauf ergieße. «Marie, du Teure, bist so kalt und stumm! Nein, nicht dahin Ist unsres Glückes schöner Traum» — das Echo spricht: «dahin» —. «Marie! Geliebte! Aus dem Kampf bin ruhmvoll ich geschieden, Der Vater, er hat uns vereint» — das Echo spricht: «geschieden». Er küßt sie wieder, rüttelt sie, besorgt im Liebesrausch, Daß sie sich tröste, wenn auch nur durch ihrer Seufzer Tausch. Ihr Haupt fällt wie im Sturz auf seine Brust und ächzend hallt Es ihm die Antwort zu, indem es an die Rüstung prallt. Er schreit und eilet Hilfe suchend durch des Hauses Öde, Doch von den Wänden tönte nur der Widerhall, der schnöde. Er kehrt zurück mit Hoffnungstrost, ob nicht vielleicht die Frische Der Lust das Dämmergrau von ihrem schwarzen Auge wische. Doch als der Ritter nun sie fortträgt mit der Arme Kraft — Wie bricht der Leib, wie ist das Gliederspiel so grauenhaft! Sie ist elastisch biegsam nicht, nicht mühelos zu heben; Sie drückt mit ganzer Wucht des Leichnams, der erkaltet eben. Schlaff hängen Arm und Haupt herab, erstarrt sind schon die Füße Und wandeln sie zum Schreckensbild, ihm teuer noch und süße. — «O Wasser! Wasser!» ruft er, daß der Schrei das Mark durchdringt, Und reißt am ries'gen Tor, das krachend aus den Angeln springt. 17. Da regt sichs, wie es scheint, im dichtverwachsnen grauen Rohr, Das Laub zerteilet sich und eine Mütze guckt hervor, Ein Kopf kommt in die Höh, ein Körper richtet sich empor, Der im Verstecke dort gesessen und geharrt mit Bangen: Das junge Knäblein ists, mit hellen Tränen auf den Wangen! Es sah den Ritter an, im Blicke tiefempfundnes Leid; Der Ritter maß mit Staunen hier der Jugend welkes Kleid. Wars Schrecken, der es hier gefangen hielt, wars Zauberbann? — Ich weiß nicht. Aus dem Dickicht tretend also es begann: «O Rittersmann! verlang mit Zittern du nach *Wasser* nicht, Denn eben erst erlosch in ihm der ird'schen Schönheit Licht! Die grausen Masken haben im verräterischen Spiele Der Herrin Reize dir ertränkt in jenes Teiches Kühle: Und wer die Menschen einmal meidet, Auf Nimmerwiederkehr er scheidet! Das ganze Haus: der Edlen, Jungfrau'n, Knappen, Knechte Hauf Brach zur Verfolgung, wie um Priester auch und Weiber auf. Das Haus ist öde jetzt; doch eh noch kommt der Morgenschein, Tritt murmelnd, räuchernd, singend Todes Dienerschaft hinein: Und wer ihm ist verfallen heute, Der bleibt für immer seine Beute! *Für immer*! ach, ein trüber Laut, wenn dort er wiederklingt, Wo man in Gram und in Verlust mit grausem Schicksal ringt, Der sich in Lieb und Freundschaft und in jeder Lebensfrist Oft wiederholt, und echt und wahr doch erst im Grabe ist! Denn wer die Menschen einmal meidet, Auf Nimmerwiederkehr er scheidet! —» Und auf die Zehen hob das winz'ge Knäblein sich empor, Daß zu erreichen es im Stande wär des Ritters Ohr, Und raunt ihm seine Kunde zu. Und auf der Stirn des Ritters Zog schwarz Gewölk zusammen eines nahenden Gewitters, Und plötzlich zuckt auf seiner Wang durch der Verzweiflung Nacht Ein heller Blitz, von Zorn und von Verachtung angefacht — Bis endlich jene wilde, starre Düsterkeit erstand, Die nur des Feindes Sarg noch sieht als einz'gen Gegenstand, Der Bande heiligste zerreißt in ihrer Hölle Feuer Und selbst im nächsten Freund entdeckt ein giftig Ungeheuer — Bis endlich jene tolle Gier nach Blut in ihm erstand, Nach Sturm und Lärm — ach! des verderbten Herzens eigner Brand, Der selbst im *Haus* entstammt der Zwietracht Fackel grauenhaft Und an dem eignen Herd Verbrechen mit Verbrechen straft! — Und war die höchste aller Qualen jetzt für ihn der Tod Des Teuersten, das ihm die Segenshand des Himmels bot, Ha! wie gesellt schandbarer Rache, die ihn grimmig hetzt, So fürchterlich sich die Verzweiflung und der Gram zuletzt! Und allen Schmerz im stieren Aug — ach! ein Gedanke flicht Allmächtig ihn in Ein's: «Unwandelbar ist das Gericht! —» Im Unglück minder schrecklich ist Laokoons Gestalt Vom Schlangenzahn bedroht — das Urbild tiefster Schmerzgewalt! 18. Und so verlor auf einmal Waclaw alles auf der Erde — Das Glück, die Tugend und die Achtung vor der Brüder Werte; Denn nimmer weckt er aus dem Schlafe die Geliebte mehr, Die — aller Tugenden Ersatz und sicherste Gewähr — Mit reinem, lichtem Engelsschein die Täuschung, ach, die holde, Um falsche Freundschaft, um der Herzen Leere spinnen sollte. — Doch so blieb Waclaw einsam in der Wüste öder Nacht — Wie hat Mariens Scheiden sie so schwarz, so schwarz gemacht! — In stummer Trauer stand er lange an dem Leichenbette: Ein starres Marmorbild an der geliebten Grabesstätte! Denn grauser Bosheit Werk mit Schaudern hier betrachtend war Die Seele selbst des rührenden Gefühls der Trauer bar. Nur Ein's erneut sein Weh, nur *ein* Gedanke, nicht zu fassen! — «Ach, daß ich Menschen doch vertraut! ach, daß ich sie verlassen; —» Und als er ihr ins Antlitz schaut, dünkt ihn, er höre klingen Den Vorwurf unwillkürlich miterstarrt im Todesringen — Den ersten, letzten Vorwurf, den sie je an ihn gerichtet: — «Er habe beider Glück, und sich mit ihr zugleich vernichtet!» Erst jetzt sein Herz den Pulsschlag wieder allgemach gewinnt; — Er birgt das Antlitz in die Hände, weinend wie ein Kind. Doch lange währt' es nicht! Schon fühlt sein Herz empört, betrogen Das Gift, das es in einem Augenblicke eingesogen; Schon ist sein Geist, der Hoheit Sitz, von jenem Fluch berührt, Der seiner sünd'gen Opfer Sinn in Schand und Schmach geführt. Wär er der Welt ein Abscheu schon in üpp'ger Jugendblüte? Ach! frage lieber doch! was frommt hier alle Herzensgüte, Wo nur ein Schemen ist jedwedes edlere Gefühl, Wo Kinder marktend stehn an greiser Eltern Sterbepfühl; Wo Liebe Prahlerei, die sich an fremdem Unglück weidet, Und Mitgefühl Verstellung ist, die andre: Glück beneidet — Wo hoher Strebeziele Bahn auf immer ist entrückt, Weil Heuchelei sich mit der Tugend schöner Hülle schmückt, Wo treue, unverstandne Herzen *einen* Trost nur haben, In der Begeistrung gleichen Strom ihr Leben zu begraben?! 19. Es gleicht das Menschenherze wohl dem dunklen, düstren Wald. Den einen stirbt es langsam, langsam ab durch Zeitgewalt; Da fällt erst Blatt um Blatt, bis sie der späte Herbst entlaubt, Daß sie wie mos'ge Eichen stehn mit kahl entblößtem Haupt. Die andern trifft, von inn'rer Glut genährt, aus Wetternacht Des Blitzes wild geheimnisvoller Strahl: — der Donner kracht; Und wieder glänzt des Himmels Blau, und eine Zeit bricht an, Wo nach dem Sturm das Grün lebendiger erstehen kann. Allein wer näher zusteht — trotz der äußern glatten Schale Bemerkt er doch in ihrem Innern schwarze, brand'ge Male — Und — wenn das Wetter am getroffnen Baum das Mark entzündet, Wer ist, der zu ersticken diese Brunst sich unterwindet? So trägt Vernichtung weit und breit umher der üpp'ge Baum — Ach! in des Menschenherzens dunklem, düstrem Waldesraum. Was kann in diesem Leben Waclaw noch versprechen sich? — Zu deuten wär es schwer und zu erraten fürchterlich. Auf seinem Herzen liegt ein dunkler, blut'ger Flor; genug! Wozu ihn lüften, wenn nur Wunden aufdeckt jeder Zug? Dahin ist alles; *der* Gewinn nur bleibt, daß nicht die Hand Der Zeit den Trümmerrest zerstört — nein, nur der Flammenbrand. — In kurzer Andacht hat er vor dem Schöpfer sich geneigt, Und mit dem kleinen Freunde — ach! ein neuer Feind vielleicht — Trägt er sodann den toten Körper ins Gemach zurück; Der Mond, er lieh das Licht dazu mit seinem Nebelblick. Das Bett macht er der Herrin dort — zum letzten Mal — bereit, Und in dem zarten Schutze machtlos reiner Sittsamkeit Legt Glieder, Kleider, Haare er zurecht mit stillem Eifer — Neugier'ge Bosheit gießt auf Tote selbst den eklen Geifer. — Dann fiel auf ihre tote Wang sein Blick, der bang getrübte, Aus dem der Schmerz der Trennung sprach, allein auch das Gelübde: Bald ihr vereint zu sein, und die Verzweiflung, die erwägt, Die jeden Zug des Mißgeschicks sich ins Gedächtnis prägt. Er zückte sausend dann das Schwert, das noch mit einem Streiche Die grause Rache üben soll, dann — ruhn im Arm der *Leiche*. Er ging hinaus: sofort schwand alles Weh aus dem Gesicht; Er sprang aufs Pferd, und hinter ihm saß auf der kleine Wicht. Wer war denn dieses Menschlein mit verweintem Augenpaar? Wars seines Schicksals Geist? ein Engel oder Teufel gar? — Reizt er die Qualen? teilt er seinen Gram, um ihn zu bannen? — Ich weiß nicht — er umschlang den Herrn, und eilend gings von dannen. Auf einem Kirchlein der Ukrain der Türme drei erglänzen, Ukrain'sche Weiber murmeln ihr Gebet an Rosenkränzen, Die Glocke schlagen Knaben an, das bringt ein Stückchen Geld; Die Leute strömen, ob man Taufe, ob Begräbnis hält. Im Innern schwarz umflort, steht Sarg und Bahr und Kerzen schauen In Reihen bleichen Lichtes zu; allwärts ist düster Grauen. Weß ist im Kreis der Neugier die erhabene Gestalt, Die dort in Kreuzesform gebettet liegt so starr, so kalt? Weß ist die ritterliche Brust, die hier sich streckt im Staube? In stiller Demut, die nicht mehr dem Schmerze fällt zum Raube, Ob auch der herbsten Strafe schwere Wucht sie drückt zur Erde, Liegt regungslos der Mann mit stummandächtiger Gebärde, Bleich wie der Kerzen Schein, der übers Angesicht ihm wallt, Und traurig wie das Totenlied, das eben hier erschallt. Aus niedrem Erdenstaub, in den ihn bannt des Glaubens Macht, Da leuchten seine Augen wie ein Glühwurm in der Nacht. Es ist des Kronschwertträgers graues Haupt, von Elend schwer: Das Weib verlor er jüngst, jetzt bringt er seine Tochter her. Dazu wiegt' er sie einst, daß er im Sarg sie schlafen sehe, Und bracht ihr Silberlahn, daß man ihr Bahrtuch damit nähe?! Und seltsam! bei der Leiche scheint er alles Fühlens bar, Als wär sein Geist schon mit der Tochter in der Engel Schaar. So blieb er später auch: nicht Gram noch Klagen gab er kund, Und ein Vertrauenswort hört niemand aus dem bleichen Mund. Im trotz'gen Blick war keine Spur von Tränen; menschenscheu Verkehrt er mehr mit Gott, im Übrigen blieb er sich treu. Tagtäglich ging er um dieselbe Stunde heimlich aus, Doch eh das Losungswort man gab, kehrt' er zurück nach Haus. Einmal — schon wars nach Mitternacht — kommt er nicht heim ans Tor, Und als die Wacht die Hoffnung seiner Rückkehr schon verlor, Als aus dem Schlaf, beim Hörnerklang, wie aus der Schleuder Becken Zu eil'ger Rache oder Hilfe stürzten all die Recken: Da fanden sie ihn auf dem Kirchhof vorgebeugten Leibes An zweien Nachbargräbern knie'nd: der Tochter und des Weibes. Stirn, Mund — dieselben ganz, von Würd und Milde noch umflossen, Dasselbe blasse Antlitz auch, das Auge halb geschlossen, Und Mütze, Schnurrbart — Schreckensbilder stets dem Feind, dem grimmen — Derselbe schwarze Żupan auch, nur daß die Weckrufsstimmen Der Kriegsdrommeten schon verklungen waren fern und weit; Er griff nicht mehr zum Schwert, er schlief schon für die Ewigkeit! — Drei Hügel, düstere Gefährten, ragen still alleine — Und öde, traurig, bang ists in der üppigen Ukraine. Vorwort des Übersetzers zur Ausgabe von 1857 Die „Maria” des Anton Malczewski, die ich hiermit in einer *den Sinn* und, wo immer möglich, *den Wortausdruck des Originales treu wiedergebenden* Übersetzung dem Publikum vorführe, gilt bei den Polen für eine Perle ersten Ranges in dem Schatze ihrer poetischen Literatur. — Es geht uns mit Dichtungen der Art, die von dem Enthusiasmus einer Nation gehoben und getragen werden, wohl wie mit manchem berühmten Manne. Sein Ruf dringt aus der Ferne zu uns und erweckt den Wunsch, den Vielgepriesenen einmal von Angesicht zu Angesicht zu sehen und in seinem Wirkungskreise zu belauschen. Was wir lange gewünscht, geht in Erfüllung. Aber wir finden den Mann ganz anders, als wir geträumt haben, und weil er den vorgefaßten Begriffen nicht entspricht, ja vielleicht gewisse Eigentümlichkeiten zeigt, die uns mißfallen, so fühlen wir uns anfangs unbehaglich in seiner Nähe. Genießen wir aber eine Zeitlang seinen Umgang, besuchen wir die Stätte, wo er die Schätze seines Geistes und Herzens fruchtbringend verwendet, erfassen wir erst den Kern seines Wesens, dann geben wir die Täuschung gerne für die gewonnene Wahrheit hin. Gleiches dürfte auch von Malczewski's Maria gelten. — Zunächst trägt sie schon das Gepräge des *Düstern*, ja zuweilen des Unheimlichen und Geisterhaften an sich, und wer von dem Gedichte einen heitern Genuß und die Verklärung alles Erdenweh's in dem lichten, sonnenhellen Himmel der Poesie erwartet, der nehme es lieber nicht zur Hand. Die Maria ist ein *Schmerzenskind*. In Schmerzen empfangen und in Schmerzen geboren, weist sie fast ausschließlich auf des Lebens Dornen und Wehen hin. Aber sie tut es mit jenem Reize des Erhabenen, mit jener *Weihe* des Schmerzes, die uns die Wahrheit der Empfindung verbürgen, wenn wir uns auch *zuweilen* sagen müssen, daß das Gemüt des Dichters leidend, seine Weltanschauung keine ungetrübte ist. Die Maria hat einen tiefen menschlichen Gehalt; der innerste Pulsschlag ihres Herzens ist: *Liebe und Begeisterung*! Sodann ist sie echt *volkstümlich*. Es sind nationale Klänge, die uns hier entgegen kommen, nationale Gefühle, die uns anwehen, nationale Gebräuche, deren Schilderung das Interesse der Fremde in Anspruch nimmt. Wir treten hier in ein in sich abgeschlossenes Volkstum (dessen Glieder sich auch an den geringsten Abzeichen ihrer Nationalität erkennen und begeistern) wie in einen Familienkreis, wo denn Manches, weil eine Jahrhunderte alte Familiensitte es geheiligt hat, als ehrwürdig erscheint, was „*draußen*” mit anderen Augen angesehen wird. Ich kann es mir nicht versagen, hier eine Stelle aus der Lebensbeschreibung des Dichters von S. Goszczyński anzuziehen, obwohl sie nicht frei von Schwärmerei ist. „Malczewski,” — sagt der polnische Biograph — „verstand es aus seiner Zeit herauszutreten, zurückzukehren zu der altpolnischen Religiosität, ihre Weihe anzunehmen und mit Ergebung der Zukunft entgegenzuschreiten, und dadurch wurde er in der Idee Polens das Mittelglied zwischen der Vergangenheit und der Zukunft, selbst mit allen Kennzeichen der neueren Poesie; denn Malczewski's Poesie ist in der Tat eine Byron'sche Dämmerung, sanft gerötet durch jenen religiösen Glanz, welcher in den kurzen Sommernächten den gestrigen Untergang der Sonne mit dem heutigen Ausgang verschmilzt.” Der Leser erwarte also nicht, neuen, kühnen Ideen, großartigen Charakteren auf weltgeschichtlichem Boden in dieser Dichtung zu begegnen; wenn er sich aber dem Eindruck derselben unbefangen hingibt, so wird er, vom engen Rahmen des nationalen Lebens umschlossen, lernen, wie *Polen sprechen* und wie *Polenherzen fühlen*! Habent sua fata libelli! Das mußte auch Malczewski's Maria erfahren. Ungunst und Übergunst mußten sich erst erschöpfen, ehe ein gesundes Urteil die Vorzüge und die Schwächen der Dichtung unparteiisch wog. Sie war kaum veröffentlicht, als auch schon die sog. klassische Schule (die, beiläufig gesagt, ganz unter französischem Einflusse stand und deren beengende Schranken von Mickiewicz und Malczewski glücklich durchbrochen wurden, indem diese das Banner der nationalen Poesie auspflanzten) die schärfsten Pfeile der Kritik gegen sie richtete. In welcher Weise dies geschah, erzählt Graf R. Załuski im Feuilleton des *Czas* (Nr. 68 v. 21. März 1856): „Als vor dreißig Jahren Malczewski's Dichtung zum ersten Mal im Drucke erschien, lenkte kein einziges Zeitungsblatt Warschau’s die Aufmerksamkeit daraus. Selbst der Courier, der im Dithyrambenstil das Erscheinen des unbedeutendsten Geschmieres ankündigte, beliebte damals nicht auch nur zu erwähnen, daß die polnische Literatur um ein neues *Meisterwerk* reicher geworden sei. Maria befand sich zwar in den Händen des Publikums, aber da man nichts zu ihrem Ruhme sagte, so hatte Niemand den Mut, sie näher anzusehen. Ich erinnere mich noch selbst, wie ich, da mir, als Studenten, die Dichtung Malczewski’s aus einige Tage in die Hände fiel, einige Blätter gleichgültigen Blicks durchlief, weil ich die Woche vorher mit eigenen Ohren hatte hören müssen, wie Osiński — das Orakel der polnischen Literatur — die ersten zwei Verszeilen witzelnd abfertigte. Augenscheinlich hatte Osiński die Maria in der Hand gehabt, aber ich bin gewiß, daß er, nachdem er den Anfang mit Achselzucken durchgelesen, gelächelt und das ganze Werk für ewig verdammt hat. Zum Glück hat die Nachwelt sein Urteil nicht bestätigt, und nach einigen Jahren der Vergessenheit kam die Stunde der Gerechtigkeit.” Diese Stunde schlug leider erst nach dem Tode des Dichters. Grabowski und Mochnacki waren die Ersten, die dem Werke Bahn brachen, aber sie gaben zugleich den Impuls zu übertriebenem Lobe, das nun alles schön und gut fand von Anfang bis zu Ende. Seitdem hat sich das Urteil geklärt, und kein gebildeter Pole ist mehr blind für die Vorzüge, wie für die Fehler dieser Dichtung. Hören wir noch zum Belege dafür das Urteil späterer polnischer Kritiker! Graf Józef Załuski sagt: „Ich war einer der Ersten, welche die Maria lasen. Der Eindruck, den sie damals auf mich machte, war ein schmerzlicher, weil ich in ihr zwar das Produkt eines schönen Talents erkannte, ein Produkt aber, das zu wenig gefeilt und durchgearbeitet, dessen Veröffentlichung daher verfrüht war; und dies ist auch heute noch meine Meinung.” Turowski, der den Reigen der Bibliotheka Polska mit der Maria eröffnet, sagt: „Ist auch Malczewski’s Sprache nicht mustergültig politisch, so kann die Dichtung selbst, zwar nicht was Plan und Entwickelung anbelangt, doch in Bezug auf Begeisterung und Schwung als Muster aufgestellt werden, wenn es in dieser Beziehung in der Poesie überhaupt Muster gibt.” Ein anderes Urtheil lautet: „Nach allem dem kann man wohl mit Recht die Maria zu denjenigen Werken zählen, die, wenn sie auch nicht vollkommen national sind, uns doch der Idee eines echt polnischen Nationalwerkes um einen großen Schritt näher gebracht haben.” Diese sich gegenseitig ergänzenden Urteile sprechen wohl ziemlich das Richtige aus und mögen mich einer tiefer eingehenden Kritik, der hier nicht Raum gegeben werden kann, überheben. Somit übergebe ich dem Publikum meine Übersetzung mit dem Wunsche, dieselbe möge bei meinen Landsleuten wie bei den Polen selbst mehr Anerkennung und Verbreitung finden, als die von C. R. Vogel versuchte Übertragung gefunden hat und — finden konnte. Als erster Versuch war diese immerhin dankenswert, zeigt jedoch so viele Unrichtigkeiten, hin und wieder einen so auffallenden Mangel an Verständnis, eine solche Willkür in der Wiedergabe vieler Verse, die in Form und Inhalt dem Übersetzer Schwierigkeiten boten, daß Malczewski sie schwerlich *an*erkannt haben würde, wenn er sie *ge*kannt hätte. Allerdings war die Arbeit nicht gering, die Vogel übernommen, die Aufgabe nicht leicht, deren Lösung ich nach ihm versucht habe. Die Polen selbst halten die Maria für eine der schwierigsten Dichtungen ihrer Literatur, und nicht mit Unrecht. Es würde mich herzlich freuen, wenn ich durch meine Arbeit sprachbeflissenen Deutschen und Polen einen Dienst geleistet und zu einem allgemeinen Verständnisse und Genusse der Dichtung einen Baustein geliefert hätte. Möge, was Studium und Liebe geschaffen, auch von beiden wieder als werte, willkommene Gabe aufgenommen werden! *Biała* am 18. Mai 1856 Ernst Schroll Leben des Anton Malczewski Die Flut der Leidenschaft, sie stürmt vergebens Ans unbezwungne feste Land: Sie wirft poetische Perlen an den Strand, Und das ist schon Gewinn des Lebens. Goethe Malczewski hat bisher noch keinen Biographen gefunden, der die zahlreichen in den verschiedenen Ausgaben der Maria und in Zeitschriften zerstreuten Materialien gesammelt, durch mündliche Nachforschungen ergänzt und berichtigt und auf Grund dieser Vorarbeiten eine Lebensgeschichte geliefert hätte, deren Angaben vollständig wären, deren Tatsächliches unbestritten erschiene. Was den Landsleuten des Dichters noch nicht glückte, kann von dem entfernt vom Schauplatz seines Lebens wohnenden deutschen Übersetzer füglich nicht gefordert werden. Ich glaube genug getan zu haben, wenn ich alle mir zu Gebote stehenden Quellen sorgfältig benützte und auch die kleinste Notiz über Malczewski nicht unberücksichtigt ließ, falls sie mir nach gewissenhafter Prüfung geeignet schien eine Lücke auszufüllen, eine Dunkelheit zu lichten. Das Meiste verdanke ich der Arbeit Bielowski's; nächst dieser sind mir Goszczyński und K. G.'s Mitteilungen (Czas, Nr. 68, 21. März 1856) wesentliche Beihilfen gewesen. Anton Malczewski, um das Jahr 1792 in Volhynien geboren, war der ältere Sohn Johann Malczewski's, Generals im polnischen und später im russischen Heere, und dessen Gattin Konstancja von Błeszyński. Beide stammten aus angesehenem Geschlechte, dem die Besitzungen Radziwill, Miropol, Kniahinin, Chodzcza und noch andere gehörten, die aber später in fremde Hände übergingen, so daß schon Anton nur im Besitze eines kleinen Vermögens war. Seine Kinderjahre verlebte er in Dubno, wo seine Eltern wohnten oder sich doch am häufigsten aufhielten, und hier genoß er unter Leitung von Hauslehrern die erste Erziehung in fremdländischem Geiste, dem Seitens der höheren Stände in übertriebener Weise gehuldigt wurde; woher es auch kam, daß er fertig Französisch sprach und schrieb, während er das Polnische erst später erlernte. Damals war durch die Pflege des berühmten Tadeusz Czacki, eines um das Schulwesen Polens hochverdienten Mannes, die Schule zu Krzemieniec im Aufblühen. Ob nun aus dem Grunde, weil Czacki mit der Familie Malczewski in freundschaftlichem Verhältnisse lebte, oder aus irgend einem andern, genug, Anton empfing seine weitere Ausbildung bis zur Beendigung seiner Studien in Krzemieniec, wo er bei Józef Czech die Mathematik hörte und in ihr, so wie im Zeichnen, bedeutende Fortschritte machte. Er leuchtete durch hohe Geistesfähigkeit und rastlose Lernbegierde unter allen Andern hervor, und Czacki erkor ihn zu seinem Liebling. Die besondere Liebe dieses Mannes zum Vaterlande und zu den Wissenschaften, so wie die religiöse Schwärmerei, welche vorzüglich gegen Ende seines Lebens hervortrat, spiegelten sich — letztere allerdings erst in späteren Jahren — lebhaft in Malczewski ab. Die Ereignisse des Jahres 1811 riefen Malczewski unter die Fahnen des Vaterlandes. Der aufbrausende Jüngling, welcher Schule und Eltern unbedenklich verließ, mußte sich zwar gleichzeitig auch von Anna, der Tochter seines Oheims, der ersten schwärmerischen Liebe seines Herzens, trennen; allein er schmeichelte sich mit der Hoffnung, die Schwierigkeiten, die aus der Ungleichheit der Vermögensumstände entsprangen, zu beseitigen und aus dem Wege des Verdienstes die Hand Anna's zu erhalten. Wie viele Gründe hatte er nicht, sich der neuen Laufbahn mit ganzer Seele hinzugeben! Die mathematischen Kenntnisse, die er sich in Krzemieniec erworben, waren ihm jetzt von wesentlichem Nutzen, und es ist leicht glaublich, daß er im Verlauf dieser Jahre sich als ein fähiger Ingenieur-Offizier unter dem Obersten Malet, dem späteren General Malecki, hervortat; es scheint sogar, daß er in den betreffenden Fachwissenschaften sich als Schriftsteller versucht habe. Sehr anziehend schildert Graf Roman Załuski, Malczewski’s Kriegsgefährte und Freund, des Dichters Leben und Persönlichkeit in dieser Periode: „Malczewski kam im Jahre 1812 nach Warschau. Bei einem ungemeinen Fonds von Kenntnissen — denn er tat sich ebenso in den strengen Wissenschaften, wie in literarischen Studien hervor — besaß Malczewski einen scharfen Verstand, lebhaften Witz, fröhlichen und geselligen Humor; und da er überdies, wie man zu sagen pflegt, ein hübscher Junge war, so nahmen die Warschauer Salons den jungen Offizier mit offenen Armen auf. Malczewski war von mittlerer Statur, aber von wunderbarem Ebenmaß des Körpers. Er hatte ein längliches Gesicht, eine leicht gebogene Adlernase, einen lächelnden Mund, eine hohe Stirn, weiße Gesichtsfarbe, dunkelblonde Haare und fast saphirblaue Augen von eigentümlich magnetischer Anziehungskraft. Der Verfasser der Maria besaß Alles, worauf die Welt Wert legt, Verstand, Witz, Jugend, Schönheit und Vermögen; denn obwohl sein Vater nicht eben reich war, so versorgte doch sein kinderloser Onkel, der General Malczewski — wohl ein anderer, als Anna's Vater — den vielgeliebten Neffen reichlich mit Geld. Ein wahrhaftes Glückskind, warf sich Anton mit dem ganzen Feuer jugendlichen Leichtsinns in den verführerischen Wirbel der hohen Kreise der Hauptstadt. Von da an ist das Leben Malczewski's ein fortwährender Roman: die Liebe weicht nicht mehr von ihm, bis sich über ihm der Sargesdeckel schließt.” — Im Jahre 1813 war er Adjutant bei dem General Kossecki und stand zu Modlin in Garnison, welche Festung vom russischen General Paskiewicz belagert wurde. Nach erfolgter Kapitulation kehrte er nach Warschau zurück. Darauf trat er in die neu errichtete polnische Armee, und wir finden ihn im Gefolge des Kaisers Alexander I. In diese Periode fällt das Duell mit seinem Freunde Błędowski, zu welchem ein Scherz desselben über die Liebschaften des Freundes Veranlassung gab. Dieses Duell machte damals viel Aufsehen. Malczewski, am Fuße verwundet und für den Augenblick dienstunfähig, zudem mißvergnügt über die rigoristische Strenge des Dienstes, bat um unbestimmten Urlaub, verkaufte, als er ihn erhalten, sein Erbgut, bezahlte seine Schulden und begab sich mit dem Rest seines Vermögens auf die Rundreise durch Europa. Hiermit beginnt die dritte Periode seines Lebens vom Jahre 1816-21. Sein Gemüt, erschüttert durch die Täuschungen in Bezug auf den Ausgang sowohl der persönlichen schwärmerischen Erwartungen — Anna hatte einem Andern die Hand gereicht — als auch der Hoffnungen des Volkes, suchte Zerstreuung. Die Schweiz, Italien, Frankreich fesselten ihn; am längsten verweilte er, und zwar über ein Jahr, in Neapel im Hause des Fürsten Jabłonowski, der damals östreichischer Gesandter war. All die Orte und Ereignisse aber, die jetzt seine Bewunderung in Anspruch nahmen, konnten aus seiner Seele *einen* zaubervollen Gegenstand nicht verdrängen — die Geschichte und das Land der Heimat, die er in jüngeren und glücklicheren Jahren kennen gelernt hatte. Zu der wilden Erhabenheit der Alpengipfel, zu dem stillen Frieden ihrer Täler trat das ausgedehnte Steppenland der Ukraine, das der Wind dem Steppenrosse gleich durchtanzt, in einen wunderbaren Gegensatz. Natur wie Geschichte bedürfen ja stets, um ihre Reize zu offenbaren, einer verhältnismäßigen Entfernung, einer Perspektive. Die Empfindungen, deren er im Verlaufe dieser Zeit inne wurde, waren die Fruchtkeime der Schönheiten, die in der Maria ihre Blüte entfalteten. Ein schätzenswertes Andenken dieser Periode ist der Brief an den Professor Pictet in Genf über seine Ersteigung des Montblanc; derselbe war in der Bibliothèque universelle in französischer Sprache erschienen. Auch fallen in diese Zeit seine ersten schriftstellerischen Versuche: kleine — Erzählungen in Prosa, desgleichen Gedichte, poetische Episteln nach dem Muster Krasicki's, der Warschauer Carneval (eine Satyre) und einige Akte einer unvollendeten Tragödie Helena, die indes an poetischem Werte alle hinter der Maria zurückstehen. Die lange Trennung von seinem Vaterlande weckte in ihm eine leidenschaftliche Sehnsucht nach demselben und, des schwelgerischen, geräuschvollen Lebens der großen Welt, dem er allzusehr gehuldigt hatte, überdrüssig, hoffte er in ländlicher Zurückgezogenheit Befriedigung und Muße zu poetischem Schaffen zu finden. So kehrte Malczewski um das Jahr 1821 in mehr als einer Beziehung verändert nach Warschau zurück. Sein Oheim, der General Malczewski, war unterdessen gestorben und hatte ihn zum Erben eingesetzt; aber statt der gehofften Million bekam er kaum einige Tausend Gulden. Er ergab sich mit Resignation in seine neue Lage und übernahm eine Pachtung in Volhynien, wo er sich mit Landwirtschaft und literarischen Arbeiten beschäftigte. Hier schuf er zum größten Teil die Maria und hier beginnt die letzte Episode seines Lebens, jene Liebe voll Fatalismus und Mystizismus, die ein der Feder eines Hoffmann würdiger Vorwurf wäre. Während er nämlich an der Maria arbeitete, besuchte er einen Verwandten, den Unter-Richter Ruciński. Er trifft den Wirt ganz in Bestürzung und hört im Nebenzimmer krampfhaftes Schreien. Ruciński bittet ihn um Entschuldigung seiner gepreßten Stimmung und erzählt ihm in wenigen Worten, daß seine Frau an einer jeder Kunst des Arztes Hohn sprechenden Nervenkrankheit darniederliege. Als das Stöhnen heftiger wird, verläßt der Gemahl den Gast und eilt der Kranken zu Hilfe. Malczewski, wie von einem fatalistischen Zuge hingerissen, geht ihm nach, aber kaum hat er die Türschwelle überschritten, als plötzlich das Schreien verstummt und das leidende Weib geschlossenen Auges mit süßer Stimme ruft: „Ach, wie wohl ist mir! mein Engel ist zu mir gekommen!” Diese Worte erschütterten Malczewski's ganze Seele und — entschieden über sein künftiges Geschick. Malczewski glaubte fest an Mesmerismus und Magnetismus. Mit Hilfe jener unerklärlichen, oft geleugneten und doch durch den Erfolg bewährten Mittel heilte er in einigen Wochen seine Verwandte, welche sich bis zum Wahnsinn in ihn verliebte. Malczewski, um den ehelichen Frieden nicht zu stören, entfernte sich nächtlicher Weile und kehrte nach Hause zurück. Die Unglückselige aber verließ Mann und Kinder, erschien plötzlich während eines kalten Winters unter seinem Dache und wollte trotz Bitten und Vorstellungen nicht zurückreisen. Malczewski gab zuletzt nach. Sie blieben vereint und übersiedelten später nach Warschau, um die Scheidung der Entflohenen, welche sie in Volhynien nicht erlangen konnten, hier zu bewirken. Als Graf R. Załuski nach achtjähriger Trennung Malczewski zu jener Zeit in Warschau traf, erkannte er ihn kaum; so hatte er sich verändert! Krankheit und vielleicht auch Kummer hatten den Glanz des einst so schönen Gesichts verdunkelt, und Mangel, an Elend grenzend, war selbst in der Kleidung des ehemaligen Elegant der Warschauer Salons zu bemerken. Dieser Anblick ergriff das Herz des Freundes: er reichte dem armen Kameraden die helfende Hand, und auf seine Verwendung gab General Kossecki, damals Staatsministerial-Sekretär, dem Graf Załuski die Lage seines früheren Adjutanten schilderte, sogleich eine Stelle im Ministerium des Innern mit dem Gehalte von 6000 polnischen Gulden. Malczewski fing an sich seinen Berufspflichten zu widmen; leider nicht für lange. Seine Gefährtin konnte die tägliche mehrstündige Abwesenheit des Geliebten nicht ertragen; sie quälte ihn dergestalt mit Klagen und verfiel in so schreckliche Krämpfe, so oft er von Hause ins Bureau ging, daß der unglückliche Mann seinen Broterwerb aufgab, um — für sie im Elend zu leben und zu sterben! Für all' die heißblutigen Jugendstreiche, zu denen ihn die Liebe getrieben hatte, büßte Malczewski bitter und schwer in und mit dieser *letzten* Liebe. Was für Szenen sich dort in der ärmlichen Wohnung eines Paares, das von einer Seite wohl nur krampfhafte Leidenschaft, von der andern vielleicht nur Abspannung oder Mitleid zusammenhielt, ist Geheimnis geblieben. Man kann indes, besonders im zweiten Gesange der Maria — die Malczewski in Warschau beendigte und einige Monate vor seinem Tode drucken ließ — einen Widerhall jenes schweren Grames finden (Vers 927 oder in der Klage des Knäbleins V. 665 ff). O, wie oft wollte vielleicht der arme Malczewski in jenen Augenblicken des Leidens der Verzweiflung entfliehen, und mußte doch den herben Kelch bis auf den Boden leeren! — Er starb den 2. Mai 1826. Ein schmerzvolles, krebsartiges Lungenübel hatte seinen Tod herbeigeführt. Polen, sagt Goszczyński, heute voll von seinem Ruhm, sah dieses Licht nicht verlöschen! Kann man ihm deshalb zürnen? — Unter allen Warschauer Tagesblättern fand sich kaum *ein* Organ zur Veröffentlichung dieses Ereignisses. Der einzige Denkstein ist folgende Bekanntmachung im Warschauer Kurier v. 5. Mai 1826: „Die hier anwesenden Freunde des Herrn Anton Malczewski seligen Andenkens waren bei der Beerdigung seiner sterblichen Überreste auf dem Powązki'schen Friedhofe versammelt, um ihm den letzten christlichen Liebesdienst zu erweisen.” ----- Ta lektura, podobnie jak tysiące innych, dostępna jest na stronie wolnelektury.pl. 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